Konsumkapitalismus trifft KI

Wir leben im Zeitalter des Konsumkapitalismus. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Benjamin Barber skizziert den Konsumkapitalismus (siehe Wikipedia) wie folgt:

„Früher produzierte man Waren, um Bedürfnisse zu befriedigen; heute produziert man Bedürfnisse, um Waren zu verkaufen.“ (Benjamin Barber)

Immer mehr und neu. Dabei verlieren wir aus dem Auge, welche Werte wir haben. Und welche Werte wir zerstören, wenn wir immer weiter Bedürfnisse produzieren, um Waren zu verkaufen. Hier liegt doch eine Wurzel der Probleme unserer Zeit. Der Zerstörung von vielem, was wir haben. 

Ein Beispiel des Konsumkapitalismus

Ein altes Haus im Ort steht leer, weil es preiswerter zu sein scheint, ein neues zu bauen, als das alte Gebäude zu modernisieren. Auch wenn die Sanierung vielleicht kompliziert ist, vielleicht auch mehr kostet, so vergessen wir in dieser Rechnung den ideellen Wert, der sich ergibt, aus der Geschichte, den Materialien, der Arbeitszeit und Handwerkskunst des alten Hauses. Ganz zu schweigen von den vielen Erlebnissen der Menschen, die in diesem Haus waren, lebten und liebten.

All das lässt sich nicht berechnen, also lassen wir es.

Kurz nach der Wende 1989 gab es in der Stadt Brandenburg die Initiative „Bis bald altes Haus“, die mich schon damals sehr beeindruckt hat. Einige Altbauten, vom Verfall der Zeit bedroht, wurden so gerettet.

Manche Bauherren stöhnen, wenn sie das Wort „Denkmalschutz“ nur hören. Ich denke, das ist ein falsches Stöhnen. Ich meine, es geht um mehr. Nicht nur um „Denkmäler“, sondern um das Sehen der Werte, die – zum Beispiel – jedes Haus haben kann.

Ein altes Haus wird abgerissen. Mit etwas Glück gibt es noch Retter, die alte Einbauten wie Fenster, Türen, Fliesen in Sicherheit bringen, bevor der Abrissbagger sein Werk vollbringt. Beim neu bauen wird erstmal die Umgebung niedergetrampelt, kaum wird innehalten, um die Natur zu sehen, vielleicht auch zu retten. Denn all das kostet Zeit und damit Geld. Genauso verpönt wie der Denkmalschutz ist bei vielen Bauherren der Naturschutz.

Keine Zeit für den Schutz von dem, was wir haben

Denn damit, mit diesem Bedürfnis nach Zeit, nach Ruhe, lässt sich, so scheint es, kein Geld verdienen. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie etwa die Tourismusbranche. Obwohl, auch im Urlaub sind wir ja meistens erst zufrieden, wenn wir etwas Außergewöhnliches erleben können.

Solange Geld verdienen, mehr als wir zum Leben brauchen, eines der wesentlichsten Bedürfnisse der Menschheit ist, solange wird das Zeitalter des Konsumkapitalismus nicht enden.

Wenn wir immer mehr Bedürfnisse produzieren, immer mehr von dem, was wir glauben zu brauchen, dann geschieht das, weil wir in unserer Wirtschaftsgläubigkeit meinen, dass es ein unendlich währendes Wachstum geben muss. Ein Unternehmen ist dann erfolgreich an der Börse, wenn die Anleger zufrieden mit der immer weiter wachsenden Rendite sind. Dann investieren sie weiterhin ihr Geld. Daran glauben wir, mehr noch als an Gott.

Irrglaube Konsumkapitalismus

Zudem denken wir, dass Konsum, dass Besitz uns glücklich macht. So sollen wir glauben. Das, was wir dann haben, reicht uns kaum mehr, schon bald gibt es Besseres. Neue Systeme laufen auf nicht mehr ausreichend gut oder gar nicht auf alter Technik. Sollen wir glauben. Alte Geräte werden langsam, unsere Anforderungen steigen. Weil uns Konzerne wie Apple glauben machen, dass das Neue wieder revolutionär besser ist, etwas kann, was wir doch schon immer wollten. Wer läuft denn heute auch noch mit einem 10 Jahre alten Klapphandy rum. Oder es wird an Qualität gespart, der Lebensdauer. Aber die alte Waschmaschine braucht doch auch viel mehr Energie. Gründe gibt es immer. Gerade weil die Automobile mit ihren Assistenz- und Sicherheitssystemen viele Vorteile haben, gegenüber einem VW-Käfer aus den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Technischer Fortschritt ist nicht aufzuhalten. 

Es ist nicht einfach. Aber so kann es nicht funktionieren!

Du leugnest die Klimakatastrophe? Es war doch auch früher schon mal trocken, es fiel doch immer schon mal kaum Schnee im Winter und heiße Sommer hatten wir auch. Wenn ich bei früher an das letzte oder vorletzte Jahr oder Jahrzehnt denke, dann stimmt es. Weil ich mit einem vom Klimawandel gezeichneten Zeitraum vergleiche. Ja. Das Gedächtnis der Menschen ist kurz. Denn das Klima verändert sich schon seit hunderten Jahren, seit Generationen, seit der Industrialisierung, dem grenzenlosen Abbau von Ressourcen und den massiven Zerstörungen der Natur durch die Menschen. Dies war über eine lange Zeit ein schleichender Prozess, der aber nun an Fahrt gewinnt. Wobei die Warnzeichen, wie zum Beispiel das massive Waldsterben, die Menschheit auch nicht wirklich aufgerüttelt haben.

Dabei wäre so einfach: Zu schauen, wie die Natur funktioniert, wenn wir ihre Vielfalt wertschätzen würden, wie sich das Werden und Vergehen gegenseitig brauchen, zueinander gehören, im Kreislauf und einer Symbiose.

Wir müssten umdenken: Wer auf Wachstum setzt, der ist nicht erfolgreich. Der ist einfach nur engstirnig und dumm. Erfolgreich kann nur der sein, der in einem Netzwerk produziert, dass nachhaltig ist und indem alles, wirklich alles wiederverwertbar ist und wird. 

Erfolgreich sind wir erst, wenn wir aufhören, mehr und mehr Müll zu produzieren. Und es keinen Müll mehr gibt.

Dafür müssen wir wieder lernen, rücksichtsvoll mit dem umzugehen, was wir haben, das zu achten, was wir sehen, was da ist. Dieses Denken ist verschüttet. Mich macht das nur traurig.

Beispiel ChatGPT

Dieser Text wurde nicht mit ChatGPT geschrieben, einem textbasierten Dialogsystem als Benutzerschnittstelle, das auf maschinellem Lernen beruht. Also einer Software, die Texte schreiben kann, mit künstlicher Intelligenz (KI). Bestimmt nicht nur Firmen wie Microsoft lecken sich alle zehn Finger danach, mir Dollarzeichen in den Augen.

Wieder ein neues Bedürfnis: Dann muss man keinen Ghostwriter mehr bezahlen, wenn man seine Doktorarbeit nicht selber schreiben kann.

Und wer antwortet? Ein Roboter oder ein Mensch und woran kann man das erkennen? Wer schreibt die Wahlkampagne für den Politiker, ein Mensch oder eine Maschine? Wer überlegt sich das Urteil, ein Richter oder KI? Und was passiert, wenn wir das nicht mehr unterscheiden können?

Schon jetzt behaupten Politiker nicht selten lieber Unwahrheiten, die ihnen einfach besser in ihr Konzept passen. Was geschieht, wenn sie ihre Lügen von der künstlichen Intelligenz erfinden lassen?

Kann denn künstliche Intelligenz klüger sein als der menschliche Verstand? Gut, bei einigen Menschen ließe sich das durchaus bejahen.

Aber auch das System künstliche Intelligenz ist von Menschen programmiert. Die Logik dahinter denken sich Menschen aus. Unterstellen wir, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit Erfindungsgeist nur Gutes schaffen wollen: Ein System, dass das menschliche Leben erleichtert und Techniken, die vielleicht sogar Probleme lösen könnten, die wir Menschen täglich fabrizieren.

Diese Annahme lässt aber außer acht, dass der Mensch die Krux ist. Dass der Mensch einfach nicht in der Lage ist, die möglichen Folgen seines Handelns für die Zukunft auch nur ansatzweise abzuschätzen.

5 nach 12!

Denn wäre der Mensch dazu fähig, dann wäre es jetzt nicht 5 nach 12, was die Klimakatastrophe betrifft. Dann gäbe es nicht den millionsten Krieg in der Menschheitsgeschichte, wie der Angriffskrieg durch Russland gegen die Ukraine wieder deutlich belegt.

Wir Menschen können wieder und wieder tolle Dinge erfinden. Wir erfinden die Atomenergie und GPS Navigation. Einiges ist gut, bis irgendein Mensch, eine Gruppe, die Macht an sich reißt und das Gute für seine / ihre Zwecke ausnutzt und zum Verderben missbraucht. Und Flugzeuge und Bomben satellitengesteuert in Richtung Kernkraftwerke lenkt.

Der Mensch ist einfach nicht in der Lage, über seinen Tellerrand zu blicken. Ich habe meine Zweifel, dass künstliche Intelligenz, das ChatGPT daran auch nur das Kleinste ändern wird. Außer die künstliche Intelligenz schafft das Problem ab: Die Menschheit.

KI als Chance?

Können wir Menschen etwas ändern? Wir, unser Denken, ist sozialisiert über Jahrhunderte. Wie wir denken und handeln haben wir gelernt und geben es weiter. Vieles unbewusst. Die Zeit prägt uns. Die Gesellschaft setzt unserem Denken den Stempel auf. Aber wir sind dem nicht hilflos ausgeliefert: Wir können auch anders. Wir können unser tun hinterfragen. Wir können von ChatGPT etwas lernen: Es ist möglich, das eigene Denken umzuprogrammieren. 

Wenn ich mich den schlechten Gedanken hingebe, wenn ich den Medien lausche und dem Nachbarn glaube, wenn ich bestimmte Religionen oder politischen Meinungen blindlings hinterher laufe, und den Konsumkapitalismus nicht hinterfrage, dann bin und bleibe ich ein Werkzeug des heutigen Systems. 

Ich muss mich aufregen, über die Nachrichten die manches Schlimme so formulieren, als ob es etwas Gutes wäre. Die pauschalieren und jedem Unglück viel mehr Raum geben als jedem Glück. Es muss mich stören, dass Meldungen den Erfolg eines Unternehmens alleine nach den wachsenden Zahlen messen und verbreiten. Und das wenige mehr und mehr verdienen, im und am Konsumkapitalismus.

Wer nur zweiter ist, ist ein Verlierer. Ein ungeschicktes Wort ist schnell in der Welt, wird aufgebauscht und zerredet.

Dieses System macht uns krank

Nicht nur das Klima zeigt uns das. Die Folgen des Konsumkapitalismus sind schlimm.

Beispielsweise glauben wir, dass für Depressionen jeder selbst verantwortlich ist, es ein persönliches Problem ist, wenn es von Außen überhaupt als Problematik wahrgenommen wird. Seelische Erkrankungen sind ein gesellschaftliches Phänomen, für das nicht der Betroffene, sondern wir alle, die Art wie wir leben, ursächlich ist.

Veränderung mit Verantwortung für meine Umwelt fängt bei mir an, mit meinem Denken. Aber eine Veränderung wird es nur geben, wenn sich die Gesellschaft ändert.

„Wer will, dass die Welt so bleibt wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt“ (Erich Fried)

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