Was ist Reisen? Ein Ortswechsel? Keineswegs! Beim Reisen wechselt man seine Meinungen und Vorurteile.
Anatole France (* 1844, † 1924) war ein französischer Schriftsteller und Nobelpreisträger.
Was ist Reisen?
Reisen bedeutet, mit anderen Augen zu sehen, über den eigenen Tellerrand zu blicken und offen zu bleiben für Neues, für fremde Kulturen, für andere und anderes.
Ich denke, wer wirklich reist, wer sich darauf einlassen mag, der wird vielleicht weniger national denken. Vorurteile bauen sich meistens auf, wenn man das Unbekannte nicht kennt, sich aber dennoch erlaubt, ein Urteil zu bilden. Was man nicht kennt macht Angst, wird zur Bedrohung.
Es gibt zwei Möglichkeiten damit umzugehen: Ablehnen und annehmen.
Was wir Menschen ablehnen, versuchen wir von uns fernzuhalten. Das geht bis zur Anwendung von Gewalt. Was wir annehmen wollen wir an uns heranlassen. Das lernen wir kennen. Es erweitert unseren Horizont, unser denken. Es verändert unsere Meinung, die wir über das andere haben, wenn wir den Mut haben, uns darauf einzulassen. Ich finde, dies macht uns größer.
Fotos von meinen Reisen
Eine Reise um die Erde mit dem Kreuzer „EMDEN“
Die Weltreise von meinem Großvater Emil Möritz
Ausreise am 14. November 1926 – Heimkehr am 14. März 1928
Das Fotoalbum von Emil mit historischen Fotos und Postkarten
REISEROUTE KREUZER „EMDEN“ – 14.11.1926 – 14.3.1928
Abreise Wilhelmshaven | Deutschland | 14.11.1926 |
La Coruña | Spanien | 17. – 27.11.1926 |
Arrecife | Kanarische Inseln | 30.11. – 13.12.1926 |
Las Palmas | Kanarische Inseln | 14. – 17.12.1926 |
Santa Cruz | Kanarische Inseln | 17. – 27.12.1926 |
St. Helena | Atlantischer Ozean | 5. – 6.1.1927 |
Kapstadt | Südafrika | 12. – 18.1.1927 |
Zanzibar | Tansania | 27.1. – 3.2.11927 |
Mombasa | Kenia | 3. – 6.2.1927 |
Mahe | Seychellen | 9. – 21.2.1927 |
Sabang | Sumatra / Indonesien | 1. – 3.3.1927 |
Padang | Sumatra / Indonesien | 5. – 12.3.1927 |
Cocos Inseln | Australien | 15.3.1927 |
Semarang | Java / Indonesien | 18.3. – 1.4.1927 |
Bali | Indonesien | 2. – 10.4.1927 |
Makassar | Indonesien | 11. – 25.4.1927 |
Nagasaki | Japan | 4. – 10.5.1927 |
Itsu Hu Shima | Japan | 11.5.1927 |
Shimizu | Japan | 13. – 23.5.1927 |
Yokohama | Japan | 24. – 30.5.1927 |
Hakodate | Japan | 2. – 7.6.1927 |
Dutch Harbor | Alaska | 16. – 22.6.1927 |
Juneau | Alaska | 26.6. – 7.7.1927 |
Skagway | Alaska | 8.7.1927 |
Haines | Alaska | 8. – 13.7.1927 |
Sitka | Alaska | 14. – 18.7.1927 |
Seatle | Vereinigte Staaten Amerika | 21.7. – 5.8.1927 |
Mazatlán | Mexiko | 11. – 16.8.1927 |
La Paz | Mexiko | 17. – 24.8.1927 |
Manzanillo | Mexiko | 26.8.1927 |
Panama | Panama | 31.8. – 6.9.1927 |
Guayaquil | Ecuador | 8. – 16.9.1927 |
Mollendo | Peru | 20. – 25.9.1927 |
Valparaiso | Chile | 29.11. – 10.10.1927 |
Talcahuano | Chile | 11. – 20.10.1927 |
Puerto Montt | Chile | 21. – 26.10.1927 |
Punta Arenas | Chile | 30.10. – 4.11.1927 |
Comodoro Rivadavia | Argentinien | 8. – 11.11.1927 |
Bahia Blanca | Argentinien | 13. – 27.11.1927 |
Sao Francisco | Brasilien | 2. – 10.12.1927 |
Santos | Brasilien | 11. – 21.12.1927 |
Rio de Janeiro | Brasilien | 22.12.1927 – 2.1.1928 |
Pernambuco | Brasilien | 6. – 12.1.1928 |
Santa Barbara | Dominikanische Republik | 21.1. – 9.2.1928 |
Santa Thomas | Puerto Rico | 9.2. – 13.2.1928 |
Ponta Delgada | Azoren / Portugal | 21. – 23.3.1928 |
Villagarcia | Spanien | 27.3. – 10.3.1928 |
Heimkehr Wilhelmshaven | Deutschland | 14.3.1928 |
Meine Reise nach Kirgisistan
Im Spätsommer 2001 hatte ich die phantastische Gelegenheit zwei Wochen in Kirgisistan zu verbringen. Ein sehr guter Freund hatte eingeladen, mit ihm in dieses Land zu reisen – zu einer besonderen Gelegenheit: Er hatte zu seiner kirgisischen Hochzeit eingeladen.
Reisebericht
EINLEITUNG | DER FLUG NACH BISHKEK | FÜR UNS WIRD EIN SCHAF GESCHLACHTET | IM HIMMLISCHEN TAL | 10 JAHRE KIRGISISTAN | ZUR BEDEUTUNG DER PFERDE IN KIRGISISTAN | DIE HOCHZEIT | DIE FAHRT NACH KARAKOL | IM TAL DER SIEBEN STIERE | IN KARAKOL | ABSCHIED | EIN TOAST
Einleitung
Im Spätsommer 2001 hatten wir die phantastische Gelegenheit zwei Wochen in Kirgisistan zu verbringen. Ein sehr guter Freund hatte uns eingeladen, mit ihm in dieses Land zu reisen – zu einer besonderen Gelegenheit: Wir waren zu seiner kirgisischen Hochzeit eingeladen. Untergebracht wurden wir bei der Familie der Braut. Diese Familie und Freunde der Familie kümmerten sich die 14 Tage rührend um uns und ermöglichten uns tiefe Einblicke in die fassettenreiche Vielfalt dieses Landes. Mit diesem sehr persönlichen Reisebericht möchten wir Danke sagen, für die herzliche Gastfreundschaft, die wir in diesen Tagen erfahren durften.
Der Flug nach Bishkek
In der Sommerzeit gehen u. a. von Frankfurt / Main zwei mal in der Woche Flüge nach Bishkek, der Hauptstadt von Kirgisistan. Wir hatten uns für den Sonntags-Nachmittag-Flug entschlossen. Dieser wurde dann aber leider aus technischen Gründen auf Montag morgen verschoben, so begann unsere Reise auch schon mit einem Abenteuer: Wir waren pünktlich, aber unser Freund und seine Frau und der Rest unserer kleinen Reisegruppe, steckten im Montags-Morgen-Berufsverkehr-Stau fest und kamen erst eine knappe halbe Stunde vor Abflug am Flughafen an.
Nun denn: Wir verpassten unseren Flug nicht, und sogar unser Gepäck kam noch mit. Die reine Flugdauer betrug ungefähr 6 1/2 Stunden, wobei wir einen Zwischenstopp zum Auftanken in Moskau einlegten. Am Flughafen wurden wir von der Familie der Braut mit offenen Armen empfangen, es war mittlerweile Mitternacht, für uns war es durch die Zeitverschiebung aber erst früher Abend. So störte es uns auch ganz und gar nicht, dass wir auf der Fahrt vom Flughafen eine kleine Autopanne hatten und die Fahrt mit einer Taxe fortsetzen durften.
Für uns wird ein Schaf geschlachtet
Am nächsten Tag wurde uns zu Ehren ein Schaf geschlachtet. Dies ist eine besondere Würdigung der Gäste. Im Hof versammelten sich die Familie und wir, die Gäste, im Kreis, um dieses Tier zu opfern. Wir sprachen zusammen ein Amen und machten dabei die typische Bewegung der Hände, die auch nach jedem Essen üblich ist: Die Hände werden, mit den Handflächen vor der Stirn beginnend, bis zur Brust geführt, wo sich die Handflächen dann berühren. Dann wurde das Tier bei Seite geführt und geschlachtet. Und die Familie begann mit der Zubereitung des Schafes.
Am Abend gab es Schaf. Aber nicht irgendwie auf dem Teller überreicht, sondern mit einer tiefen Bedeutung. Die Innereien des Tieres waren auf vielfältigste Art zubereitet, es gab die leckersten Gerichte. Zum Händewaschen reichte der älteste Sohn der Familie Wasser und Handtuch – und empfing dabei die Wünsche der Gäste. Der Ehrengast bekam den Schafskopf, der jüngste Sohn der Familie aber die Ohren. Die Braut bekam auch ein besonderes Stück Fleisch. Alles hatte seine tiefe, traditionelle Bedeutung, die sich uns nur zum Teil erschloss, uns aber vor Augen führte, welche Verbundenheit bei uns in Deutschland verloren gegangen ist.
Im Himmlischen Tal
In den folgenden Tagen machten wir einen Ausflug in die Berge. In das Himmlische Tal. Dieses Tal ist ein Nationalpark in einer atemberaubenden Landschaft. Zum Mittag waren wir eingeladen, unser Essen am Ende des Tals in der Präsidentenjurte – einem großen, runden Zelt aus festem Filz – einzunehmen. Ein besonderes Erlebnis: Das Sonnenlicht schien durch eine Öffnung in der Mitte des Zeltdaches direkt auf den reichlich gedeckten Tisch. Ein Ausritt zu Pferd weiter in das Tal rundete diesen Nachmittag ab. Ein Abendessen in der Sauna, eingeladen vom Direktor des Nationalparks – natürlich mit einem uns überraschenden anschließenden Saunabesuch und Abkühlung, im vom Gletscherwasser gespeisten See, mitten in der Nacht – waren weitere, der vielen sich immer wieder überbietenden, Höhepunkte unserer Tage in diesem Land.
10 Jahre Kirgisistan
Am Abend des folgenden Tages waren wir zu den Feierlichkeiten zur 10-jährigen Eigenständigkeit des Landes eingeladen. In einer Vorführung unter freiem Himmel wurde die sehr wechselvolle Geschichte des kirgisischen Volkes gezeigt, unter Anwesenheit eines ausgesuchten Publikums und der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes. Beeindruckend war, wie selbstbewusst sich die Kirgisen zeigten, wie aber dennoch deutlich wurde, wie sie nur gemeinsam im Verbund mit anderen Völkern und Staaten ihren eigenen Weg gehen können.
Zur Bedeutung der Pferde in Kirgisistan
Einen Tag darauf, der Tag vor der Hochzeit, wurden wir eingeladen bei einer weiteren, sehr besonderen Vorbereitung dabei zu sein. Zu Ehren des Hochzeitspaares wurde ein Pferd geschlachtet. Ein Pferd. Als Dank für diese Opfergabe wurde gemeinsam das Amen gesprochen, so wie bei der Schlachtung des Schafes. Das Pferd hat für dieses alte Volk eine besondere Bedeutung. Dies sollten wir am gleichem Tag noch ein weiteres Mal erleben, denn wir waren eingeladen einem Pferderennen zuzusehen. Dieses Pferderennen ist natürlich nicht vergleichbar mit einem Rennen auf einer deutschen Galopprennbahn. Pausenloses Programm. Zwei Kämpfer mussten sich gegenseitig vom Pferd ziehen, am Tuch, das sie um den Bauch gebunden hatten. Eine farbenbunte Parade zog auf, von allen Seiten des Feldes – unser Direktor vom Nationalpark, ganz in Weiß auf einem Schimmel, natürlich mitten dabei.
Ein Pferderennen über mehr als zwanzig Kilometer fand statt, junge Reiter teilweise ohne Sattel und ohne Schuhe gaben ihr Äußerstes. Dabei schieden auch viele Reiter vorher aus, aber sie waren dabei, darauf kam es an. Zwischendrin erzählten zwei Reiter eine kirgisische Geschichte. Dann ritten eine junge Frau und ein junger Reiter um die Wette, um sich Küsse zu klauen oder den anderen vom Pferd zu schubsen. Vom Publikum besonders aufgenommen wurde aber folgendes Reiterspiel: Zwei Mannschaften. Ein toter, ausgenommener Ziegenbock im Kreis in der Mitte des Spielfeldes. Ein Reiter jeder Mannschaft, der versuchte den Ziegenbock zu greifen.
Ein Reiter, der sich den Ziegenbock zwischen Pferd und Oberschenkel klemmte. Reiter, die versuchten, im Galopp den Ziegenbock dem anderen Reiter abzujagen. Zwei runde Kreise am Ende des Spielfeldes, mit alten Reifen umrandet, als Tore. Wer es schaffte, den Ziegenbock in das gegnerische Tor zu werfen, hatte einen Punkt gewonnen. So ging dieses ungewöhnliche Spiel – wir nannten es für uns „Pferdefussball“ – wild hin und her.
Die Hochzeit
Die Hochzeit. Am Vormittag fand eine sehr würdevolle, standesamtliche Trauung statt. Junge Frauen in weißen Kleidern wiesen mit einer roten Rose den Weg, die Treppe hoch in das Trauzimmer. Drei Frauen spielten klassische Musik. Alleine diese beiden Sätze sollen alles sagen. Die Schwestern der Braut hatten organisiert, dass wir uns mit dem Brautpaar nach dem Standesamt auf Stadtrundfahrt quer durch Bishkek aufmachten. Wir besuchten die Denkmäler der Stadt, den Park, erlebten eine kleine Brautentführung, fuhren Riesenrad… Das ungewöhnliche an dieser Stadtrundfahrt war, dass wir dabei das Gefühl vertieften, wie schön dieser Tag war und wie schön es ist, das alle Menschen von diesem schönen Tag erfahren. Zum Abschluß dieses Nachmittags besuchten wir Manas-Park, einen Garten zur Würdigung von Manas, dem Held der Kirgisen, über den sich über Jahrhunderte viele Geschichten webten. So verbindet Manas mit seiner Geschichte das heutige Leben der Kirgisen sehr lebensnahe mit der Vergangenheit.
Am späten Nachmittag trafen wir dann in den festlichen Räumen ein, in denen die anderen eingeladenen Hochzeitsgäste schon auf uns warteten. Und hier ging es dann richtig los, mit Ansprachen und singen, mit essen und tanzen, mit reden und zuhören, mit feiern… Das Hochzeitspaar wurde besonders geprüft: Bei jeder Rede durften sie aufstehen – und dies vor einem fürstlich gedeckten Tisch. Die Frage blieb dabei nicht aus, warum sie denn nichts essen würden. Dazu kamen sie kaum, im stehen. Nach dieser Hochzeit mussten wir uns erst mal einen Tag erholen.
Die Fahrt nach Karakol
In der zweiten Woche fuhren wir nach Karakol, eine Stadt, die östlich vom Issyk-Kul-See liegt. Hier spielen die Geschichten von dem kirgisischen Schriftsteller Tschingis Aitmatow. Kirgistan ist zu über 95 % ein Gebirgsland – die Schweiz Asiens – aber rund um den über 150 km langen See erstrecken sich auch sehr fruchtbare Gebiete. Herden wurden über die Straßen auf die Felder getrieben. Familien und Angestellte, Kinder und Alte sahen wir bei der Feldarbeit. Auf der Straße wurde das Heu mit Kutschen transportiert. Aber auch moderne Mähdrescher begegneten uns. Es fahren viele ehemals deutsche Autos, man erkennt es an den Aufschriften. Aber z. B. auch auf den Tankstellen sind ausrangierte Zapfsäulen mit „DM“ und Aufklebern wie „Bleifrei“ in Betrieb. Was bei uns nicht mehr gebraucht wird, wird hier noch nicht weggeworfen. Nur, wer verdient daran?
Im Tal der Sieben Stiere
Von Karakol aus machten wir einen Ausflug in das Tal der Sieben Stiere. Es war einmal ein Bauer, der hatte sieben Stiere. Eines Tages trieb er seine Stiere in ein Tal. Er dachte sich, dass schon nichts passieren wird und ließ die Tiere frei grasen. Am Abend wollte er sie wieder einfangen, er suchte und suchte, aber er konnte sie nicht finden. Auch am nächsten Tag suchte er verzweifelt, aber die Stiere blieben verschwunden. Schließlich gab er auf und machte sich wieder auf den Rückweg. Jahre später kam er wieder in das Tal und was sah er da? Sieben Stiere standen dort am Horizont, sie bewegten sich nicht. Groß waren sie geworden, freute sich der Bauer. Große, rote Felsen. Auf dem Weg in dieses Tal kamen wir vorbei am Gebrochenem Herzen.
Weiter fuhren wir entlang an einem reißenden Bachlauf, überquerten diesen öfter auf einfachen Brücken aus Holzbohlen. In einem weiten Tal, mit dem Blick auf die schneebedeckten Berge, machten wir Halt. Hier wollten wir wandern. Aber eine sehr einfache Bauersfrau lud uns ein zu einem Mittagessen: Es gab frisch gebackenes Brot mit Rahm und Joghurt, danach Tee. Wir überlegten uns, ob und wie wir uns für dieses Mahl erkenntlich zeigen könnten, aber uns wurde übersetzt, dass dies eine Beleidigung sein würde. Mit Geld oder einem Geschenk hätten wir unsere Gastgeber beschämt. Hier, bei diesen einfachen Menschen, wird gegeben ohne zu nehmen, ohne zu verrechnen, einfach, um zu helfen.
In Karakol
Natürlich sahen wir uns auch die Stadt Karakol an. Wir besichtigten eine orthodoxe Kirche. Wir besuchten eine Mosche und wanderten durch die Stadt. Alte Häuser aus der Jahrhundertwende prägen das Stadtbild. Am nächsten Tag besuchten wir ein sehr eindrucksvolles Museum um den Asien-Forscher Nikolai Prschewalski (*1839, †1888), der den asiatischen Raum zu Pferd und zu Fuß erkundete, zu Humboldts Zeiten, mit dem er auch korrespondierte. Sein Denkmal steht am östlichen Ufer des Issyk-Kul-Sees. Hier spürten wir wieder den Stolz auf einen der bedeutenden Persönlichkeiten des Landes. Abends waren wir mal wieder eingeladen, diesmal bei dem Onkel der Braut. Und wieder gab es uns zu Ehren ein Schaf zu Essen. Nach dem Esssen wurde eine Teetasse von einem zum anderen gereicht, wer sie bekam wurde gebeten ein Lied zu singen. So wechselten sich kirgisische, russische, deutsche und andere fröhliche Gesänge ab.
Abschied
Aber auch zwei Wochen vergehen schnell. Noch ein Tag im Kreis der Familie. Und dann hieß es Abschied nehmen. Im Hof wurde noch ein letztes Mal angestoßen und Besch-Barmak, ein Nudel-Fleisch-Gericht gereicht. Der Gast geht nicht mit Hunger. Die Mutter der Braut blieb im Haus zurück, Vater und Geschwister und Freude fuhren uns zum Flughafen. Diesmal kamen wir nicht zu spät.
Ein Toast!
Am Ende möchte ich einen Toast aussprechen – eine weitere typische Tradition des Landes: Ich wünsche, dass sich die Menschen in Kirgistan und auch die Menschen in anderen Ländern, sich ihrer Tradition immer bewusst bleiben. Dies sind unsere Wurzeln, jede Pflanze zeigt, wie wichtig Wurzeln sind. Natürlich gibt es kein zurück, die industrielle, technische Entwicklung, hat ihr Gutes für die Menschen. Natürlich schafft z. B. eine Entwicklung wie das Internet viele neue Möglichkeiten, z. B. miteinander zu kommunizieren, um Informationen zu erhalten und auszutauschen, über den ganzen Erdball.
Aber die moderne Gesellschaft birgt – neben anderen Gründen – auch die Gefahr, dass die Menschheit den Blick auf sich selbst und ihre Herkunft verliert. Es gibt, neben den materiellen Dingen, neben Geld und Reichtum, etwas anderes, etwas tiefer gehendes. Und das ist in Völkern wie im Land der Kirgisen heute noch spürbar, weil es dort – noch – lebt. Ich wünsche, das dieses Andere der Menschheit nicht verloren geht. Und ich wünsche, dass wir, damit meine ich die Menschen in Deutschland, lernen von Menschen anderer Kulturen zu lernen.
Infos zu Kirgisistan
KURZINFORMATION | STAAT UND RECHT | LANDESNATUR | BEVÖLKERUNG | WIRTSCHAFT UND VERKEHR | GESCHICHTE | LITERATUR
Kirgisistan (amtlich Kyrgyz Respublikasy ; deutsch Kirgisische Republik ; auch Kirgisien , Kirgistan , Kyrgyzstan), Staat in Mittelasien, grenzt im Norden an Kasachstan, im Osten und Südosten an China, im Südwesten an Tadschikistan und im Westen an Usbekistan.
Kurzinformation
Fläche: 198500 qkm
Einwohner: (2000) 4,685 Mio.
Hauptstadt: Bischkek
Verwaltungsgliederung: sieben Gebiete und die Hauptstadt
Amtssprachen: Kirgisisch, Russisch
Nationalfeiertag: 31.8.
Währung: 1 Kirgistan-Som (K.S.) = 100 Tyin
Zeitzone: MEZ + 4 Stunden
Staat und Recht
Nach der Verfassung vom 5.5. 1993 (mehrfach, zuletzt 1998, revidiert) ist Kirgistan eine präsidiale Republik mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weit reichenden Befugnissen ausgestattete, auf 5 Jahre direkt gewählte (einmalige Wiederwahl möglich) Präsident. Das Zweikammerparlament besteht aus der Gesetzgebenden Versammlung mit 60 und der Volksversammlung mit 45 Abgeordneten, die jeweils im Mehrheitswahlsystem für 5 Jahre gewählt werden. Die Exekutive wird von der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten ausgeübt; sie wird vom Präsidenten ernannt und entlassen. Einflussreichste Parteien: Kommunistische Partei K.s, Union der Demokratischen Kräfte, Demokratische Frauenpartei, Partei der Afghanistan-Veteranen, Partei »Mein Land«.
Landesnatur
Fast ganz Kirgisistan ist ein Hochgebirgsland (etwa die Hälfte seines Territoriums liegt zwischen 1000 und 3000 m, ein Drittel über 3000m über dem Meeresspiegel); es gehört überwiegend zum erdbebenreichen Gebirgssystem des Tienschan (höchste Erhebungen Pik Pobeda, 7439m über dem Meeresspiegel; Chan-Tengri, 6995m über dem Meeresspiegel) im Nordostteil der Republik. Den kleineren Teil nehmen Alai und Transalai (Pik Lenin, 7134m über dem Meeresspiegel) im Südwesten ein. Die stark vergletscherten Gebirgsketten umschließen Längstäler (Talas-, Tschu-, Alaital) und Becken (Issykkulbecken, Ferganabecken).
Das Klima ist ausgeprägt kontinental und trocken, deutlich sind Höhenstufen erkennbar. In den Becken herrscht kontinentales Klima mit Dauerfrost im Winter und trockenen, heißen Sommern. Die jährliche Niederschlagsmenge bleibt meistens unter 300 mm, nur die West- und Nordhänge der Gebirge erhalten 8001000 mm/Jahr. Die Vegetation ist durch das Vorherrschen von Wüsten, Halbwüsten und Steppen gekennzeichnet. Zwischen 1500 und 4000m über dem Meeresspiegel gibt es trockene Bergsteppen, die mit zunehmender Höhe in Wiesensteppen, subalpine und alpine Wiesen übergehen; nur noch 1% der Fläche ist waldbedeckt. Für den Süden sind Nussbaumwälder charakteristisch.
Bevölkerung
Die Bevölkerung setzt sich aus Kirgisen (65%), Usbeken (14%), Russen (13%), Ukrainern (1%), Tataren (1%), Deutschen (0,4%) und Angehörigen kleinerer Nationalitäten (u.a. Kasachen, Dunganen, Tadschiken, Uiguren u.a.) zusammen. Große ethnische Spannungen zwischen den Kirgisen einerseits und den Usbeken u.a. Minderheiten andererseits führten seit Anfang der 1990er-Jahre zu starker Abwanderung der nichtkirgisischen Bevölkerung (v.a. Russen und Deutsche). Der mittlere jährliche Bevölkerungszuwachs lag 19802000 bei 1,5%.
Am dichtesten sind die Agrargebiete in den Tälern der Tschu und Talas sowie das Issykkul- und Ferganabecken besiedelt. Die Kirgisen, Usbeken, Tataren und übrigen turksprachigen Völker bekennen sich zum Islam. Die orthodoxen Christen (v.a. Russen) werden geistlich von der russisch-orthodoxen Kirche betreut; die Deutschen gehören mehrheitlich der katholischen Kirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland und anderen Staaten an. Es besteht eine neunjährige allgemeine Schulpflicht. Das Schulsystem gliedert sich in folgende Stufen: die vierjährige Primarschule (Grundschule) und einen zweistufigen Sekundarschulbereich, die fünfjährige SekundarschuleI und die auf den Hochschulbesuch vorbereitende zweijährige SekundarschuleII. Die Analphabetenquote beträgt 3%. Das Hochschulwesen umfasst die Universität in Bischkek (gegründet 1951) und rund 30 Hochschulen und Fachhochschulen.
Wirtschaft und Verkehr
Die Wirtschaft basiert auf der Landwirtschaft, wo etwa ein Drittel der Beschäftigten tätig ist. Die nach dem Zerfall der Sowjetunion einsetzende, in Mittelasien beispielgebend verlaufende marktwirtschaftliche Entwicklung war mit Produktionsrückgang, hoher Inflation und einer Verarmung großer Teile der Bevölkerung verbunden. Trotz einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage seit Mitte der 1990er-Jahre mithilfe des IWF bleibt die ökonomische Situation v.a. wegen der 1998 eingetretenen russischen Finanzkrise angespannt. Nur die Hälfte der Landesfläche ist landwirtschaftlich nutzbar, davon rund 85% Weiden und Wiesen, 10% Ackerland (über 70% bewässert). Etwa ein Drittel des Agrarlandes ist privatisiert. Größte Bedeutung haben die Schafwollproduktion, die Ziegen-, Jak- und Mastrinderhaltung und die Seidenraupenzucht (Naturseideerzeugung) sowie der Anbau von Baumwolle, Kartoffeln, Zuckerrüben, Getreide, Tabak, Futterpflanzen (besonders Luzerne), Mohn und Gemüse, der Obst- und Weinbau.
Kirgistan verfügt über relativ wenig Rohstoffe, jedoch sind besonders im Südwesten einige wertvolle Bodenschätze vorhanden, v.a. Gold (Kumtor-Mine im Südosten von Kirgistan; Goldgewinnung mit ausländischen Firmen), ferner Antimon-, Quecksilber-, Blei-, Zink-, Arsen-, Uranerze, Wismut, Kohle sowie Erdöl und Erdgas (Ferganabecken), Aluminium, Asbest, Schwefelkies und Salz sowie Marmor. In Industrie und Bauwirtschaft sind knapp drei Zehntel der Beschäftigten tätig.
Industrie
Die Industrie konzentriert sich auf das Tschutal (v.a. Buntmetallerzverhüttung, Maschinenbau, elektrotechnische, Textil-, Nahrungsmittel- und Lederindustrie) und die kirgisische Randzone des Ferganabeckens mit den Schwerpunkten Bischkek und Osch. Die Wasserkraftwerke an den Hochgebirgsflüssen sind zu 80% an der Elektroenergieerzeugung beteiligt. Am Issykkul und im zentralen Tienschan liegen an Thermal- und Mineralquellen zahlreiche Erholungsorte. Ausgeführt werden Baum-, Schafwolle, Tabak, Nichteisenmetalle, Kohle, Hydroenergie, Nahrungsmittel und Textilien, eingeführt Getreide, Eisenmetalle, industrielle Konsumgüter, Erdöl, -gas, Holz, Maschinen und Industrieanlagen, Personenkraftwagen u.a. Umfangreichere Handelsbeziehungen bestehen mit China, den mittelasiatischen Nachbarrepubliken, Russland und Kuba.
Hauptbedeutung hat der Kraftverkehr. Besonders das Landesinnere von Kirgistan ist verkehrsmäßig wenig erschlossen. Das Straßennetz ist 18560 km lang (davon 16890 km mit fester Decke), darunter die Hochgebirgsstraßen Ostpamir- (OschChorog) und Großer Kirgistantrakt (BischkekOsch). Schienenstränge der Eisenbahn (417 km langes Streckennetz) gibt es nur in Nordkirgistan.
Der Flugverkehr ist für die Personenbeförderung, in schwer zugänglichen Gegenden auch für den Gütertransport bedeutsam. Internationale Flughäfen liegen bei Bischkek und Osch. Auf dem Issykkul Schiffsverkehr.
Geschichte
Die turksprachigen kirgisischen Stämme, die im 7./8.Jahrhundert zwischen Jenissei und Orchon siedelten und im 9.Jahrhundert das Reich der Uiguren in der Mongolei zerstörten, wanderten seit dem 10./11.Jahrhundert in das Gebiet des heutigen Kirgistan ein. Dieses kam im 13.Jahrhundert unter die Herrschaft der Mongolen, im 17./18.Jahrhundert unter die der Dsungaren. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts gerieten die Kirgisen in Abhängigkeit des kasachischen Khanats Kokand; mit diesem wurde Kirgistan 1876 Russland angegliedert.
Nach der Teilnahme am Mittelasiatischen Aufstand gegen Russland (1916) und der Oktoberrevolution wurde in Kirgistan 1918 die Sowjetmacht errichtet. Kirgisistan gehörte zunächst zu der 1918 gegründeten Turkestanischen ASSR. Das 1924 innerhalb der RSFSR gebildete Karakirgisische Autonome Gebiet wurde 1925 in Kirgisisches Autonomes Gebiet umbenannt, aus ihm ging 1926 die Kirgisische ASSR hervor. Den folgenschwersten Einschnitt stellte die Zwangskollektivierung ab 1929 dar (Zwangsansiedlung der Nomaden, mit der Vertreibung der Sippenoberhäupter einhergehende »Entkulakisierung«, Erweiterung der Baumwollanbauflächen); sie führte nicht nur zur Flucht vieler Kirgisen mit ihren Viehherden nach China und Afghanistan, sondern auch zum Wiederaufleben des erst 1926 zerschlagenen Widerstandes der islamischen Basmatschen. Opposition in den Reihen der kirgisischen Intelligenz einschließlich des Parteiapparates wurde mit »Säuberungen« beantwortet (Reduzierung der Mitgliederzahl der KP um 51%).
1936 Umwandlung Kirgistans in eine UnionsrepublikDer Ausbau der Transportwege und die einsetzende Industrialisierung förderten einen Zustrom von Arbeitskräften aus den europäischen Teilen der UdSSR, der Zweite Weltkrieg und die Aufnahme deportierter Völkerschaften verstärkten diesen Prozess. Im Juni 1990 kam es zu blutigen ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit im Süden der Republik (Gebiet von Osch). Am 15.12. 1990 erklärte Kirgisistan seine Souveränität innerhalb der UdSSR, am 31.8. 1991 seine Unabhängigkeit. Staatspräsident A.Akajew (seit Oktober 1990 im Amt, durch Wahlen 1991, 1995 und 2000 bestätigt) leitete nach dem Verbot der KP 1991 eine allmähliche Demokratisierung der politischen Strukturen (Verabschiedung einer neuen Verfassung am 5.5. 1993 durch das Parlament) sowie Reformen in der Wirtschaft (u.a. Privatisierung von Unternehmen, Bekämpfung der Korruption) ein. Im Februar 1995 wählte die Bevölkerung erstmals seit der Unabhängigkeit ein Parlament (Mehrheit der Mandate für Präsident Akajew nahe stehende Abgeordnete).
Referendum zur Verfassungsänderung
Besonders durch eine 1996 per Referendum gebilligte Verfassungsänderung, die dem Staatspräsidenten eine weit gehende Bestimmung von Innen- und Außenpolitik zusprach, konnte Präsident Akajew seine Machtposition stärken. In einem weiteren Referendum im Oktober 1998 stimmte die Bevölkerung für die Privatisierung von Agrarland und die Förderung der privaten Landwirtschaft. In einer Konfliktregion gelegen, entwickelte sich Kirgisistan zunehmend zu einem Transitland für den Rauschgiftschmuggel aus Afghanistan und sah sich mit dem grenzüberschreitenden Wirken muslimischer Extremisten konfrontiert (1999 und erneut 2000 Kämpfe zwischen der Armee und einer aus Tadschikistan vorgedrungenen islamischen Rebellengruppe).
Im Februar 2000 fanden bei Ausschluss von großen Oppositionsparteien Parlamentswahlen statt, bei denen erstmals über Kandidaten mit Parteizugehörigkeit abgestimmt werden konnte und aus denen die (1992 neu gegründete) KP als stärkste Kraft hervorging (allerdings nur Vergabe von 15 der 105 Abgeordnetensitze über Parteilisten, 90 an »Unabhängige«). In Auseinandersetzung mit einer wachsenden Opposition verstärkte Akajew die autoritären Züge seiner Präsidialherrschaft; in einem Referendum Anfang Februar 2003, das auch die Umwandlung des Zweikammer- in ein Einkammerparlament vorsah, ließ er sich per Referendum bis 2005 im Amt bestätigen.
Im Dezember 1991 trat Kirgisistan der GUS bei
Im März 1992 wurde es Mitglied der UNO und unterzeichnete 1994 die NATO-Initiative »Partnerschaft für den Frieden«. Mit dem Beitritt zur kasachisch-usbekischen Wirtschaftsunion (1994, seit dem Anschluss Tadschikistans 1998 Zentrale Wirtschaftsgemeinschaft genannt) und zur Gemeinschaft Integrierter Staaten (GIS; 1996) innerhalb der GUS intensivierte Kirgistan die Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten. Dem dienten u.a. auch die Unterzeichnung eines Grenzabkommens mit der VR China (1996) und die Vereinbarung einer Zollunion zwischen den Mitgliedern der (um Tadschikistan erweiterten) GIS (1999). Als erste der ehemaligen Sowjetrepubliken wurde Kirgistan im Oktober 1998 in die Welthandelsorganisation aufgenommen; am 1.7. 1999 trat das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union in Kraft.
Literatur
- Kyrgyzstan. Social protection in a reforming economy, herausgegeben von der World Bank. Washington, D.C., 1993.
- Central Asia and the world, herausgegeben von M.Mandelbaum. New York 1994.
- Reinecke, G.: Politische Entwicklung im nachsowjetischen Mittelasien. Demokratisierung in Kirgistan. Köln 1995.
- Götz, R. und Halbach, U.: Politisches Lexikon GUS. München 3 1996.
- Whittell, G.: Central Asia. The essential practical handbook. London 2 1996.
- Kazakstan, Kyrgyzstan, Tadjikistan, Turkmenistan, and Uzbekistan. Country studies, herausgegeben von G.E. Curtis. Washington, D.C., 1997.
- © Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2004