Über das Böse 

Berlin

Über das Böse. Wie kommt das Böse in den Menschen? Die Gründe werden sehr verschieden und vielfältig sein. Vieles, was ein Mensch machen muss, macht seine Seele kaputt. Stumpft seine Gefühle ab.

Ein Soldat, der in den Krieg ziehen musste, wie mein Vater als junger Mann, erlebte Schreckliches. Musste gehorchen. Und morden. Andere Menschen töten. Die Seele. Die Gefühle zerbrechen. Wer das überlebt, ist für sein Leben lang zerstört. Am Körper aber auch in der Seele. Das ist ein hoher und schlimmer Preis. Sein Erleben gibt er aber weiter, an seine Mitmenschen, vielleicht seine Kinder. Sie ertragen diesen zerstörten Menschen und können ihn nicht verstehen. Sie leiden unter ihm. Seiner Wut, seiner Verletzung und seiner Ungerechtigkeit. Er hat sich nicht mehr im Griff. Hat jede Hemmung verloren.

Die erfahrene Unmenschlichkeit macht unmenschlich gegenüber andere. Im Krieg. Danach. Seine Gewalt lebt weiter. Damit macht er seine Mitmenschen krank. In ihrer Seele. So entsteht ein Kreislauf. Die Spirale des Leidens.

Die Menschheit ist gefangen in diesem Strudel. So entwickeln sich tiefe Traumata, die über Generationen weiter gegeben werden. Die Menschheit sucht aber auch nach Wegen, heraus aus diesem Strudel.

Ein Weg hinaus ist vielleicht der kirchliche Glaube. Wenn aber verblendete Menschen glauben, so glauben sie manchmal alles. So werden sie zu Werkzeugen. Alles zu tun. Bis zum Selbstmordattentat. Im Glauben. Ein blinder Glaube ist also kein Ausweg aus dem Strudel. Und so ist auch diese Gewalt mit Ursache für den Strudel.

Abstand gewinnen ist eine andere Strategie. Was schwer war, wird ausgeblendet. Diesen Abstand zu dem Erlebten zu bekommen ist notwendig. Ruhe finden. Zeit. Raum. Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Viele suchen dabei aber Vermeidungsstrategien wie Alkohol oder andere Suchtmittel. Damit stumpft die Seele weiter ab. Die Gefühle. Und machen wieder weiter die Gewalt möglich.

Abstand gewinnen heißt für viele aber auch, einfach von sich wegzudenken und den anderen die Schuld zu geben. Einen Sündenbock zu suchen. Gestern waren es die Juden. Heute die Ausländer. Damit wird es für den, der so denkt, einfacher. Weil: Er entzieht sich selbst der Verantwortung. Das sieht er so aber nicht. Er handelt ja. Geht auf die Straße, demonstrieren, zum Beispiel. Das ist das Problem.

Wir müssen wahnsinnig aufpassen. Alles kann gut sein. Im Übermaß wird es böse.

Macht Streben ist eine weitere Ursache für das Böse. Vielleicht sogar die Wurzel. Macht verleiht uns Größe. Wir stehen darüber. Herrschen. An der Macht der Großen teilzuhaben führt viele Menschen in Versuchung. Sie hoffen, Macht zu gewinnen. Dabei, Anerkennung finden wollen, ist wieder die eine Seite der Medaille. Der Mensch als Werkzeug im Krieg oder als Attentäter ist dann die Folge.

Gibt es einen Ausweg aus dem Strudel? Wir müssen denken. Selbst denken. Unabhängig denken. Wir müssen uns unserer eigenen Verantwortung für das Leben erinnern und gerecht werden. Wir können aus uns heraus gehen, aus der Ferne ansehen. Von außen. Mit Abstand. Aber nicht dabei verdrängen und verdrehen, was unsere eigene Schuld und Verantwortung ist. Wir können an unserem Bewusstsein arbeiten, unsere eigenen Werte. Die wenig mit Macht zu tun haben. Die das Ziel des Lebens haben. Aller Menschen. Aller Lebewesen. Wir können erkennen, dass weniger mehr ist. Das es Grenzen gibt. Unser Auto muss nicht größer sein als der Wagen des Nachbarn. Eine neue Bescheidenheit ist angesagt. Es gibt kein grenzenloses Wachstum. Sondern einen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Das Ende ist der Beginn etwas Neuem.

Wir können es. Wir können unsere Augen öffnen. Unsere Ohren. Auch unsere Nasen. Und unsere Gefühle zulassen. Wahrnehmen. Lieben.