Ich verstehe es nicht
Also irgendwie ich verstehe es nicht. Der flächenmäßig größte Staat der Erde greift einen viel kleineren Nachbarstaat an und führt seit über drei Jahren einen brutalen Angriffskrieg gegen diesen. Zurzeit verhandeln eine andere Großmacht und der Aggressor über den Frieden zwischen den beiden kriegsführenden Staaten, ohne die überfallende Nation ernsthaft in die Verhandlungen einzubeziehen und mit der Erwartung, den „Deal“, den die beiden Großen aushandeln, muss der Kleine hinnehmen. Dieses Land soll einfach die Abkommen der beiden großen Staaten akzeptieren, auch wenn sie ihm nicht wirklich gerecht werden und seine Interessen bei der Entscheidungsfindung keine Rolle spielen. Mit dem Ergebnis der absoluten Kapitulation. Die Machthaber treffen Entscheidungen über Leidtragende. Falschaussagen werden so lange wiederholt, bis sie als Wahrheit akzeptiert werden. Das gipfelt darin, dass die Angegriffenen für den Krieg verantwortlich gemacht werden. So verhält es sich im 21. Jahrhundert.
Es ist schwer nachvollziehbar, dass die Mehrheit eines sehr mächtigen Staates einen Präsidenten nach einer vierjährigen Pause für eine zweite Amtszeit gewählt hat. Dieser Präsident konnte die Niederlage nach seiner ersten Amtszeit nicht akzeptieren und propagierte seine gewaltbereiten Anhänger zur Stürmung eines Regierungsgebäudes des Parlaments. Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit werden diese und andere Straftäter vom Präsidenten rehabilitiert. Mit unnachgiebiger Härte verfolgt dieser demokratisch gewählte Machthaber seine Ziele, führt einen Wirtschaftskrieg und erhebt Zollforderungen, die an seinem Verstand zweifeln lassen. Er entlässt Mitarbeiter in Behörden, übt finanziellen Druck auf Bundesstaaten aus und versucht mit allen Mitteln Wissenschaft und Forschung per Direktive zu kontrollieren. Dieses Verhalten des Staatspräsidenten ist mehr als besorgniserregend. Es gefährdet massiv die Demokratie einer Großmacht.
Es ist erschreckend, welche Macht Lügen entfalten können und wie bereitwillig Menschen fähig sind, diese zu glauben. Es ist wichtig, die Politik kritisch zu hinterfragen und die Geschehnisse aufmerksam zu beobachten. Sehen wir in Deutschland wirklich, was im mächtigsten Staat der Welt „von rechts“ passiert? Welche Herrschaftsgewalt nicht nur das drittgrößte Land der Welt, sondern die globale Weltordnung gefährdet? Und welche willkürlichen Entschlüsse ein Chaos verursachen könnten, dessen Auswirkung schwer abzusehen sind?
Die Folgen des Zweiten Weltkrieges, den wir Deutschen auslösten, waren katastrophal. Nicht wenige Stimmen meinen, wir sollen die Vergangenheit doch endlich ruhen lassen. Wer so denkt, verschließt die Augen, nicht nur vor dem, was im drittgrößten Land der Welt im Jahr 2025 geschieht. Ich kann das nicht verstehen.
Irgendwie verstehe ich es nicht. Dass in den Verhandlungsvereinbarungen unserer werdenden Regierung das Wort „Klimakatastrophe“ nicht vorkommt. Dass der Vertrag getragen wird von einem nicht konkretem „wenn möglich“. Keine unserer großen Volksparteien, die nun gemeinsam regieren wollen, formuliert kooperative Vorhaben, die der Bevölkerung des Landes zeigen: Hier passiert was für uns, wir werden gesehen. Nein, sie lassen sich davon treiben, dass sich viele Männer und wenige Frauen persönlich profilieren. Und von der Gegen-Stimmung, den Themen, dem geschürten Hass, entfacht von einer erstarkenden rechtsextremen Partei. Und ihrer Inszenierung von Feindbildern und sich und uns Menschen als Opfer.
Besonders bedenklich ist die mangelnde Alarmbereitschaft angesichts der klimatischen Veränderungen, der Erderwärmung und die Verstärkung klimatischer Extreme. Die indirekten Folgen, wie beispielsweise die Zunahme von Erdbeben durch die steigende Masse der Meere und die Häufigkeit und Intensität auch dieser Ereignisse, werden kaum wahrgenommen. Ebenso wenig scheint die vollendete Gletscherschmelze in den Alpen, die Verschmutzung der Meere durch Mikroplastik, die Folgen der Massentierhaltung und so weiter ein Thema zu sein. Stattdessen wird im Kollektiv weiter gewähnt: „Ach, heiße Sommer gab es doch früher schon, das erzählt doch Opa.“ Dabei wird verdrängt, dass es sich nicht mehr um Ausnahmen handelt, sondern um eine von Menschenhand verursachte, über Jahrzehnte ansteigende, globale Erwärmung der Atmosphäre und der Weltmeere.
Es ist erschreckend, wie gleichgültig wir gegenüber der zerstörerischen Kraft des Menschen und der unaufhaltsamen Ausbeutung fossiler Brennstoffe zu sein scheinen. Ein allmächtiger Staatschef eines einflussreichen Landes kann per Erlass, ohne Einbeziehung demokratischer Prozesse, Entscheidungen treffen, die weitreichende Folgen haben. Gleichzeitig nutzen auch wirtschaftlich schwächere Staaten ihre Ressourcen aus und zerstören dabei essenzielle Ökosysteme wie den Amazonas-Regenwald. Der wirtschaftliche Vorteil scheint für fast jedes Land oberste Priorität zu haben. Oder besser gesagt, für die Herrscher dieser Länder, die uns das glauben lassen.
Ich verstehe es nicht
Es ist schwer zu begreifen, wie intelligente und erfinderische Menschen so kurzsichtig sein können. Fehler sind menschlich und bieten oftmals eine gute Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Unsere Gedanken prägen uns. Gehirnzellen verdrahten sich entsprechend. Traumatische Erfahrungen können unter Umständen zu psychischen und physischen Erkrankungen führen, die wiederum unser Denken beeinflussen und festigen. Kombiniert mit genetischen Veranlagungen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen sind wir in unserem Denken vorgeprägt. Und nicht selten gefangen. Doch wir können unser Gehirn umprogrammieren, indem wir unsere Gedanken erweitern und neue Perspektiven einnehmen. Indem wir – mit der Zeit – lernen, anders zu denken, können wir auch anders handeln und leben.
Ich verstehe, wie schwierig das ist. Vergangene Ereignisse sind zwar Geschichte, aber sie beeinflussen uns. Es erscheint oft aussichtslos, treibt uns aufzugeben. Die Infragestellung unserer bisherigen Lebenswerte ist die Herausforderung. Der einfachste Weg, auch für unser eigenes Wohlbefinden, scheint darin zu bestehen, an bestehenden Denkmustern festzuhalten oder die Ansichten der Mehrheit zu übernehmen. Das ist durchaus verständlich. Menschen handeln so oder suchen Ersatz, Verdrängung und Sublimierung. Es ist schwer, neue Denkweisen zu erlernen, wenn das Gehirn über Jahrzehnte, seit der Kindheit, in eine bestimmte Richtung gedacht hat. Das ist das Dilemma.
Unser Denken, das eines Machthabers des mächtigsten Staates ebenso wie mein persönliches Denken, das ich als unvollkommen und unfertig betrachte, ist so, wie es ist. Es beeinflusst unser Handeln, jedes einzelne Individuum agiert nach seinen Überzeugungen.
Was ich jedoch nicht verstehe, ist, warum wir scheinbar jegliche Verantwortung für das Leben der Menschen, der Natur und die ökologische Vielfalt aller Tiere und Pflanzen verleugnen. Liegt es daran, dass wir Männer die Erfahrung einer Mama nicht nachvollziehen können? Dass Jahrhunderte der Ungleichberechtigung durch Männer zwischen den Geschlechtern, das Denken der Menschheit korrumpiert hat?
Viele Jahre stand Robert Sarah an der Spitze der vatikanischen Gottesdienstbehörde. Er gilt als Anhänger jahrhundertealter kirchlicher Traditionen. Seiner Ansicht nach untergraben Abtreibungen, Pornografie und eine Gleichstellung der Geschlechter die christlichen Grundlagen der westlichen Zivilisation.
Zitat: Kommt der nächste Papst aus Afrika?
Zerstören wir auch deswegen – sogar im Namen des christlichen Glauben – unsere Lebensgrundlage, insbesondere die unserer Kinder, unserer Zukunft?
Es scheint: Ein Machthaber möchte unsterblich sein. Aber wir alle Lebewesen sind sterblich. Bedeutet das wirklich, dass uns Menschen die Zukunft gleichgültig ist? Ich versuche es, aber ich verstehe es nicht.
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Erstellt am 26.04.2025, letzte Änderung am 27.04.2025 von Michael