Die Erde ist eine Scheibe
Die Erde ist eine Scheibe, es gibt doch tatsächlich im 21. Jahrhundert Menschen, die das glauben, die felsenfest dieser Meinung sind, jeglichen astronomischen und physikalischen Erkenntnissen zum Trotz. Für manche ist dieser Gedanke vielleicht Satire, für andere ist er aber ernsthaft und mehr als nur eine Theorie. Warum ist das so? Warum glauben Menschen mehr als das, was sie sich mit gesundem Menschenverstand erklären können? Warum denken manche Menschen nicht nach oder beschäftigen sich damit, anderen Menschen mit ihren Lügen Sand ins Gehirn zu streuen?
Ich denke, einer der Gründe dafür ist die allgemeine Überforderung des menschlichen Gehirns. Wir Menschen glauben manchmal lieber, als zu wissen, denn glauben ist einfacher.
Es ist leichter zu glauben, was uns irgendwelche Politiker vorlügen. Es ist viel schwerer, darüber nachzudenken, welche Folgen unsere Art und Weise des menschlichen Lebens, in seiner Komplexität, für die Erde, die Natur, die Tierwelt, das Klima, die ökologischen und biologischen Zusammenhänge und nicht zuletzt für andere Menschen haben kann. Die Kapazität unseres Gehirns reicht dafür einfach nicht aus. Oder anders gesagt, dafür sind wir Menschen zu dumm.
Also nehmen wir Menschen den einfachen Weg. Glauben wir den Menschen, die mit einfachen Worten unsere Unzufriedenheit und Ratlosigkeit anstacheln. Und merken dabei nicht, wie uns eine Falle nach der anderen aufgestellt wird, in die wir reintappen.
Dabei hat glauben können durchaus seine sehr positiven Aspekte. Wer in seiner Religion an Gott glauben kann, der findet in diesem Glauben oftmals seine Kraft und seinen Halt. Er findet darin seinen Sinn im Leben, in dem es um spirituelle Erfahrungen und Erleben geht, als Gegengewicht zu unserem materiellen und wirtschaftlich geprägtem, funktionalem Dasein.
Aber wir glauben sooft viel lieber, in unserer Überheblichkeit, dass wir ach so sehr kompetent sind und alles wissen. Ohne zu merken, dass wir unsere Kompetenz schon seit langen verloren haben. Wir schmeißen uns viel lieber irgendwelchen politischen Parteien an den Hals, verbrüdern uns, lassen uns gerne auch durch Lobbyisten korrumpieren, weil wir darin weit mehr einen Vorteil sehen als in unserem fachlichen Wissen. Wir dichten die schönsten Lügen in der Hoffnung, dass unseren Worten andere blindlings glauben schenken.
Und wenn wir versuchen, es doch anders zu machen, unser Wort in der Gruppe dagegen erheben, und sei es nur der leiseste Zweifel, dann findet die Gruppe, in der wir dies versuchen, sehr schnell Mechanismen, die uns absondern und bloßstellen. Du bist nicht dafür, also bist du unser Feind. Aber so schwarz oder weiß, so ist kaum etwas auf der Welt, so einfach und klar.
Außer – und das ist eine Ausnahme – in der Naturwissenschaft. Dort, wo es klare Regeln, Zusammenhänge und Vorgänge gibt. Beispielsweise in der Physik, in der Chemie, der Biologie, da gibt es bestimmt noch vieles, was wir in unserem menschlichen Geist noch nicht erkundet haben, aber das, was WissenschaftlerInnen bewiesen haben, was Genies in ihrem Denken erkannt haben, wenigsten das sollten wir Menschen, die nicht so klug sind, doch nicht mehr in Frage stellen.
Und auch wenn wir bestimmt so viele Bedeutungen nicht verstehen, jedenfalls könnte ich zum Beispiel die Relativitätstheorie, die Einstein mit seiner berühmten Formel E = mc² formuliert hat, nicht im Ansatz erklären, so heißt das doch nicht, dass wir wissenschaftliche Beweise in Frage stellen können. Auch wenn irren menschlich ist, warum soll ich dann auch nur im Ansatz denken, dass die Erde eine Scheibe ist? Das verstehe ich nicht, bin ich wohl zu dumm dafür.
Wir dürfen glauben. Kein einzelner Mensch kann in dieser Welt die komplexen Zusammenhänge wirklich begreifen. Aber beispielsweise vom persönlichen Vorteil getrieben, werden oftmals jegliche Zweifel in den Wind geschlagen. Aber genau wegen dieser Komplexität sind wir Menschen darauf angewiesen zu glauben und anderen Menschen zu vertrauen.
Wirklich vertrauen kann man aber oft nur das oder dem, was man kennt. Dem man vertraut ist. Und wenn unser Vertrauen dann ausgenutzt wird, missbraucht wird, dann ist es so oft einfach schon zu spät. Das ist ein Kreislauf, der unser Weltbild durcheinanderbringt und anfällig macht, für die wildesten Theorien. Und der versucht, uns zu Marionetten zu machen, zu willfährigen Werkzeugen.
Aber Vertrauen ist elementar in einer funktionieren Gesellschaft. Wenn wir etwas nicht wissen, dann sollten wir lernen, genau das auch ehrlich zu sagen. Ich weiß es nicht. Anstatt mit irgendwelchen Lügen, unser Nichtwissen zu kaschieren. Denn dieser Ehrlichkeit können wir vertrauen. Dagegen wird keine Ideologie, der auch die schlausten Menschen gerne nacheifern, das Vertrauen wirklich festigen. Denn spätestens, wenn wir andere nicht mehr ernst nehmen (können), wird jedes Vertrauen schwinden.
Ich bin, so blauäugig wie ich bin, für eine Welt ohne Lügen. Ich bin für eine Welt der Liebe. Für eine Welt, in der wir uns unserer Verantwortung bewusst sind und diese übernehmen. Ich bin für eine Welt, in der jeder Mensch seinen Platz finden kann, ohne von Erwartungen an ihn – und seinen eigenen an sich selbst – überwältigt zu werden.
Kein Mensch ist vollkommen, aber zusammen sind wir auf den Weg dahin.
Ich glaube, ja mehr noch, ich meine es zu wissen, dass wirklich in jedem Menschen, in jedem Wesen ein wertvolles Geschöpf der Natur, oder des göttlichen Glaubens oder wie auch immer man es begründet, steckt. Und das kein Mensch, egal welche Macht er meint zu haben, das Recht hat, sich über andere als etwas Besseres hinwegzusetzen. Und das schließt alle Lebewesen dieser Erde ausdrücklich mit ein.
Ich denke, dass es zwar oftmals viel praktischer, effektiver oder auch wirtschaftlicher ist, in Arbeitsteilung den Alltag zu leben, aber dass das gemeinsam dabei oft zu sehr im Hintergrund bleibt. Erst wenn wir wieder lernen im gemeinsam zu denken, nur dann können wir es wirklich schaffen, ein erfüllendes Leben zu leben.
Wir können es nur gemeinsam schaffen, in unserer Liebe, in unserer Partnerschaft. Wir können es nur gemeinsam schaffen, mit Menschen, die anders denken, aus ihrer Erfahrung, ihrer kulturellen Herkunft heraus. Gemeinsam, mit den Flüchtlingen, die gezwungen sind, eine neue Heimat zu finden. Gemeinsam mit anderen Kulturen, die voneinander lernen. Gemeinsam auch mit unseren Fehlern, die wir machen, weil wir einfach nicht perfekt sind. Gemeinsam mit den russischen Soldaten, die genötigt werden zu kämpfen oder gehirngewaschen und verblendet sind. Gemeinsam mit den ukrainischen Menschen, die in ihrer Not sich wehren müssen und es dabei vielleicht nur noch schlimmer machen. Gemeinsam mit Menschen, die warum auch immer blindgläubig sind und extreme Parteien wählen. Gemeinsam mit Menschen des jüdischen Glaubens, die über Jahrhunderte verfolgt wurden, bis zum millionenfachen Mord im Nazideutschland. Und die in ihrem nationalen Denken eine Heimat suchen und dabei andere Völker, andere Menschen angreifen und töten.
Die allermeisten Menschen, egal, auf welcher Seite sie stehen, machen Fehler, bekämpfen sich, in einer Spirale der Gewalt und Rache. Denn sie haben das gemeinsam, das sehen, das anerkennen des anderen, den Wert jeder Seele, die Verantwortung für das Leben – und nicht nur für das eigene Leben – aus den Sinnen verloren.
Rassistisches Denken führt genau dazu, dass wir das gemeinsam verlieren. Dass wir uns auseinanderdividieren, spalten und abgrenzen. Und wir somit nicht begreifen, dass wir die fundamentalen Probleme der heutigen Zeit, wie die Gefahr eines dritten Weltkriegs oder die Auswirkungen der Klimakatastrophe, nur global und zusammen angehen werden können. Mein Gott in mir träumt davon.
Und außerdem ist die Erde keine Scheibe.
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