Gerechtigkeit
Trump wettert wiedermal gegen die Presse. Auch nach 100 Tagen im Amt wird sein Krieg gegen die Medien weiter geführt. Natürlich ist er aus seiner Sichtweise der erfolgreichste Präsident der USA aller Zeiten. Seine Fans sind begeistert. Das Bild, was dieser Mensch von sich in der Welt zeichnet ist verschoben, falsch und gefährlich. Es widerspricht meinem tiefsten Sinn nach Gerechtigkeit.
In allem kann etwas Gutes sein. Aber nichts ist per se nur gut. Auch Medien sind nicht immer gut. Wie auch immer es passt, können Berichte, Filme und Fotos verändert und verfälscht werden. Um mit einem manipulierten Bild die Menschen zu beeinflussen. Wir, die Menschen, müssen wahnsinnig aufpassen, müssen einfach alles hinterfragen. Können nichts glauben. Und das überfordert uns oft, denn die Welt ist dermaßen komplex, dass es wohl keinen Menschen geben kann, der diese Welt noch überschauen kann. Deswegen brauchen wir Hilfe. Medien sind per se nicht schlecht. Jedenfalls brauchen wir die unbedingte Pressefreiheit. Denn wir brauchen die Hilfe, diese komplexe Welt einzuordnen, Zusammenhänge zu erkennen und uns unsere eigene Meinung zu bilden. Dabei müssen falsche Nachrichten erkannt werden, müssen die Medien der Wahrheit verpflichtet sein. So wie ein Arzt sich dem Retten von Leben verpflichtet fühlen sollte.
Und wir brauchen Gerechtigkeit. Aber was ist Gerechtigkeit? Es gibt Gerichte, die sprechen „Recht“. Verurteilen Menschen. Sprechen sie frei. Nach Gesetz. Nach der Ordnung, die wir uns als Menschen gegeben haben. Diese Gesetze sind aus religiösen und moralischen Wurzeln historisch gewachsen. Aber diese Gesetze sind von Menschen gemacht, sind nicht vom Himmel gefallen. Das heißt, sie sind veränderbar, und verändern sich mit der Zeit und der Entwicklung der Menschheit. Solange man sich eindeutig an Paragraphen halten kann, besteht eine Chance, dass das Recht auch gerecht gesprochen wird. Aber Menschen haben Meinungen. Menschen legen Dinge aus. Menschen haben eigene Werte. Sind gegebenenfalls manipuliert oder bestochen. Und das Recht, was gesprochen wird, ist beeinflusst von all diesen Maßstäben des Einzelnen. Also gibt es gar keine Gerechtigkeit?
Schauen wir uns in der Welt um, so kommen wir sehr schnell dahin, dass es sehr ungerecht zugeht, in dieser Welt. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Milliardäre dieser Erde wissen kaum noch wohin, mit ihren Reichtümern und verprassen es für teure Autos, für Luxus und anderen Besitz. Wer braucht einen Maserati? Sind das die besseren Menschen, nur weil sie Geld und damit die Macht über andere haben? Sind sie etwas besseres als die Frau, die ihr ganzes Leben gearbeitet hat, und sich noch nicht mal am Abend eine Suppe leisten kann, im Alter. Oder der Obdachlose, der in seiner Armut nichts mehr hat, außer eine Plastiktüte mit einer Decke, die ihn auf der Parkbank kaum wärmt, in der Kälte der Nacht. Oder der Drogensüchtige, der abgestürzt ist, weil er der Leistungsgesellschaft nicht mehr folgen konnte.
Nein, das ist nicht gerecht. Diese Welt ist nicht gerecht. Weil alle Menschen verschieden denken, unterschiedliche Voraussetzungen haben und das System von den Mächtigen der Welt entsprechend geordnet oder auch manipuliert und ausgenutzt wird, um die eigene Position der Macht nicht zu gefährden.
Also gibt es keine Gerechtigkeit? Nein. Eine absolute Gerechtigkeit wird es wohl nie geben. Solange die Gesellschaft und ihre Normen und Werte bestimmt sind vom „Wer ist mir der Nächste: ICH!“. Solange Ausbeutung der Erde, der Rohstoffe und Ressourcen sich über alle Vernunft hinweg setzt und die Menschheit lebt, als ob sie noch dutzende Erden als Vorrat hat. Und es nur um den persönlichen Vorteil, das persönliche Wohl geht. Solange wir die komplexen Zusammenhänge der Welt nicht wenigstens ansatzweise versuchen zu begreifen und immer nur in kleinen Grenzen denken. Und wir unser Denken und unser Leben nicht darauf ausrichten, die komplexen Zusammenhänge zu verstehen lernen.
Gerechtigkeit kann es meiner Ansicht nach nur geben, wenn wir lernen zu verstehen. Ein Verstehen, ohne zu verurteilen, ohne es in Schubladen wegzulegen, ohne es als von vorneherein als gut oder schlecht einzuordnen. Ohne alles über einen Kamm zu scheren und jede individuelle Besonderheit abzuqualifizieren, weil die Mehrheit der Menschen vielleicht anders zu denken scheint oder lebt. Etwas kann oder nicht kann. Das globale Verstehen muss mehr werden. Voller Empathie. Wir müssen lernen, in Zusammenhängen zu denken, zu leben. Eine Magenerkrankung darf nicht mehr nur als Magenerkrankung behandelt werden, sondern muss den ganzen Menschen als eine individuelle Persönlichkeit in den Fokus nehmen. Jedes Vorgehen, jede Behandlung muss den Einzelnen im Zentrum haben. Nur weil viele einen gleichen Weg gehen, muss das nicht der richtige Weg sein.
Ja, der Pfad wurde zu einen Weg, zu einer Straße, weil viele ihn gegangen sind. Aber ist es deswegen der richtige Weg? Und wer war der Erste? Vielleicht der, der genau einen anderen Weg gehen wollte oder musste und deswegen genau diesen Pfad einschlug, mit seinem ganz anderen denken. Und aus Bequemlichkeit der anderen ist dieser erste Pfad zu einem Weg geworden? Vielleicht ist das Kleine, Unscheinbare genau das Richtige, aber vielleicht auch nur heute? Wir müssen verstehen lernen. Welche Auswirkungen es hat es, wenn wir alles technische Mögliche umsetzen. Ohne die Folgen zu berücksichtigen. Weil wir einfach nicht in der Lage sind die Folgen zu begreifen. Weil die Rechenleistungen der Computer dafür nicht ausreichen. Die Menschheit stösst an ihre Grenzen des Denkens. Des Verstehens. Und behilft sich damit, nur in kleinen, überschaubaren Einheiten zu forschen. Zu zerteilen. Und so zu leben.
Als Junge kam ich einmal nach Hause. Hatte wohl eine schlechte Note. Ich weiß es nicht mehr. Als ich es mein Vater erzählte, tat er sehr verständnisvoll. Versprach mir, die Sache sei erledigt. Aber er handelte nicht danach, erzählt es weiter. Verstehen, Verständnis, bedeutet nur Gerechtigkeit, wenn wir uns Vertrauen entgegenbringen können. Vertrauen können wir wiederum nur entwickeln, wenn wir spüren, dass es gerechter ist, was wir erleben. Was gerecht ist, muss Leben bedeuten, freisein, ohne Angst. Und ohne auf Kosten anderer, der Natur, der Menschen, nah oder fern. Unser Glück ist nicht zu finden in materiellen Werten, in Geld oder Macht. Oder in der Sucht, im Vergessen. Unser Glück ist nur zu finden im Leben, wirklich und gleichberechtigt. Und in der Liebe.
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Erstellt am 01.05.2017, letzte Änderung am 13.02.2023 von Michael