Das wahre Gesicht

Das wahre Gesicht

Das wirklich wahre Gesicht zu erkennen, bedarf viel Aufmerksamkeit und Mut. Und einer kritischen Distanz. Es zu erfassen ist möglicherweise die wirklich wesentliche Aufgabe, die sich uns als Gesamtheit stellt. 

Wie oft vernebeln wir unsere Sinne. Sei es aus Spaß. Beispielsweise, weil das Bier schmeckt. Bei dem einen es dann nicht bleibt. Weil wir dazugehören wollen. Kein Außenseiter am Rand der breiten Masse sein wollen. Bis wir als ein Gefangener einer Sucht nicht mehr anders können. Das eigentliche Gift ist die Maßlosigkeit des Menschen, meinte neulich meine Liebste zu mir – und sie hat so recht. Auch so verschleiert sich das wahre Gesicht.

Wesentlich ist auch immer der differenzierte Rückblick auf unsere Geschichte.

Eigentlich war mir Gregor Gysi bisher nicht unsympathisch, für mich aber dennoch auch ein gerütteltes Maß undurchsichtig. Denn seine Rolle im DDR-Regime wird wohl nie aufgeklärt werden. Er bestreitet, für die Stasi als Informant tätig gewesen zu sein. Gysi selbst wird nie zugeben, was er wie getan hat oder auch unterlassen hat. Dazu ist er intelligent genug und derart redegewandt, er weiß genau, wie er sich inszeniert. 

Als Alterspräsidenten hielt der letzte SED-Vorsitzende Gysi im Bundestag am 25. März 2025 eine Rede, mit der er die konstituierende Sitzung des neuen Bundestags eröffnet hat. Professor Dr. Rieck analysiert diese Rede in ihrer Art und Weise, wie sie gehalten wurde. Dabei findet er durchaus Parallelen zudem, wie in der DDR Reden präsentiert wurden. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, ob Gysi ebendieses nicht bewusst war. 

Kurz vor der Bundestagswahl verbreitet „Die Linke“ über soziale Medien ein Video, das Gregor Gysi mit Sturmhaube zeigt. Eine Sturmmaske dient dazu, sich zu vermummen, um dadurch unerkannt zu bleiben, insbesondere bei Gewalttaten. Unterschwellig bereitet Gysi so, als ein gegenwärtiges Gesicht der Linken, den Boden für eine extremistische Stimmung weiter die Bahn.

Die Gefahr ist dann besonders bedrohlich, wenn wir sie nicht als Gefahr erkennen. Zitat: Professor Dr. Rieck.

Ein linker Politiker mit Sturmhaube steht symbolisch für Linksextremismus. Gysi zeigt sein wahres Gesicht, wagt sich aus der Deckung. Schauen wir genau genug hin, um darin ein Risiko zu erkennen?

Wer die Todesgrenze der DDR verharmlost, bagatellisiert eine Gewaltherrschaft. Eine Gesellschaftsform, die ihre Menschen mit Pression daran hindert, sich frei zu entscheiden, wo und wie sie leben möchten, interpretiert Freiheit sehr subjektiv. 

Jede Gewaltherrschaft ist zu verurteilen. Linksextremismus genauso wie Rechtsextremismus. Aber immer mehr erblüht und spaltet sich die Gesellschaft in extreme Richtungen. Das ist durchaus nicht neu in der Geschichte der Menschheit. Mit den technischen Möglichkeiten werden die Folgen aber immer unberechenbarer für unsere einzige Welt.

US-Präsident Trump will per Dekret die amerikanische Geschichte umdeuten. Er beauftragte seinen Vize Vance damit, in Museen auf Darstellungen im Sinne der neuen Regierung hinzuarbeiten. Zitat: Deutschlandfunk

Wieder einmal zeigt der mächtigste Mann der USA sein wahres Gesicht. Die Mehrheit der Amerikaner haben ihn gewählt. Das ist eine Realität, mit der es heißt umzugehen. Nur wie?

Überdeutlich zeigt Trump, dass die Unwahrheit, die nur einseitige Beleuchtung der Tatsachen, ein probates Mittel zum Zweck ist. 

Lügen vernebeln die Sinne. Wer lügt, dem kann man nicht vertrauen. Ich jedenfalls nicht. Egal wem. Und ich weiß es, wie es sich anfühlt, wenn man kein Vertrauen haben kann. Es ist bedrückend. Wenn man verunsichert wird. Es verletzt die Seele, wenn man vertrauten Personen nicht vertraut. Man schlittert in einen pergamenten Zwiespalt. Man muss immer versuchen, wachsam zu bleiben. Nichts falsch zu machen. Stimmungen aufzunehmen. Dabei verliert man sich selbst. Wird zutiefst verunsichert. Kann nur sehr schwer Selbstvertrauen aufbauen.

Das machen Lügengeschichten mit uns. Sie zerstören Vertrauen. Logisch, es gibt neben Lügen auch andere Ursachen für fehlendes Vertrauen. Unkontrollierte Gewalt oder verdeckte Aggressivität beispielsweise. Nicht wirklich verarbeitete Traumata. Seelische Wunden, die über Generationen weiter vererbt wurden. Die Gründe sind vielfältig. Die Folgen sind ähnlich.

Vertrauen in sich selbst und vertrauen können in anderen, ist gestört.

Fehlt aber Zuversichtlichkeit, wie immer deutlicher wird, auch das Zutrauen zu unserer demokratischen Regierung, so verunsichert das die Gesellschaft. Je mehr die Unsicherheit wiederum zunimmt, desto instabiler wird das Gesellschaftssystem. Die Unsicherheit lässt die Akzeptanz der Extreme, auch die Gewaltbereitschaft wachsen. 

Je haltloser ich bin, umso williger werde ich unter Umständen, mit extremen Handlungsoptionen meine Sicherheit zurückzugewinnen. Wenn ich anderseits sicher in mir ruhe, besteht zu Extremen kaum eine Notwendigkeit.

Das passiert gerade in der Gesellschaft. Die Rechtsextremen, wie sie sich in der AFD bündeln, werden zunehmend gewählt. Aber, wie das Auftreten Gysis belegt, auch die Bejahung der Linksextremen steigt. Und wir erkennen es nicht wirklich als ein Problem!

Das macht mir Angst. Das ist die Gefahr der heutigen Zeit. Das Extreme, das Maßlose, die Gier nach immer mehr und mehr, ohne Grenzen zu respektieren. Egal nach welchem Duktus, Jacke wie Hose, was es kostet, an Geldsummen, an Menschenleben.

Und alles, auch weil uns Menschen das Vertrauen fehlt. Die Sicherheit. Wir Menschen verlieren uns, mit unserem Gebaren, der rigorosen Ausbeutung von Ressourcen, der Verursachung der Klimakatastrophe, der Verantwortungslosigkeit, die das Vertrauen in der weitsichtigen Handlungsfähigkeit der Menschheit stark unglaubwürdig vermittelt. 

Überdies es Köpfe gibt, die diese Sachlage für die eigenen Interessen ausnutzen. Mehr noch, die die Atmosphäre entsprechend anheizen. Für Ideale, die sie vertreten, ein Weltbild, an das sie glauben oder auch die eigene Macht, die eigene Herrschaftsgewalt. 

Napoleon, Sonnenkönig Ludwig XIV, Dschingis Khan, Cäsar, Hitler, Stalin und unzählige andere Herrscher, gingen unter anderen als erbarmungslose Charaktere in die Geschichte ein, die, egal wie, ihre Macht ins unermessliche ausdehnen wollten. Trump scheinen diese Fußabdrücke kaum zu groß.

Das ist das Trauma der Menschheit, das seit Eva und Adam uns Geschöpfe krank macht.

Dabei glauben wir der Lüge oft mehr als der Wahrheit. Es klingt doch so logisch, so einfach. Spricht uns an, unsere verborgenen Ängste, unsere Wünsche zum Beispiel nach Sicherheit. 

Genau das führt aber auch dazu, uns so unglaublich mühelos beeinflussbar zu machen. Wie Wachs in den Händen der neuen Führungen, die uns an ihren Schnüren wir Marionetten führen. Wie im Kleinen so im Großen. 

Mir fällt wenig ein, wie wir diesem Pulverfass wirklich begegnen können. Wie auch immer müssen wir es schaffen, dass wir mit mehr Geborgenheit in sicheren Umgebungen leben dürfen. Optimistisch zu bleiben.

Finnland wurde 2025 bereits zum achten Mal in Folge zum glücklichsten Land der Welt gekürt. Die Finnen akzeptieren hohe Steuern für soziale Sicherheit, kostenlose Bildung und ein Gesundheitswesen auf einem hohen Level. Das Land ist sozial fortschrittlich, hat eine funktionierende Regierung und ist stabil und sicher.

Kinder, die in einem halbwegs intakten, reflektierten Elternhaus aufwachsen, haben mehr Chancen, auch im Erwachsenenalter mit Selbstvertrauen ihren Lebensweg zu gehen. Das bedeutet aber auch, dass wir erkennen müssen, was toxisch ist, insbesondere für Nachkommen, und wie wir gegebenenfalls viel besser den Eltern helfen können, aus dem Zyklus der seelischen Verletztheit zu entkommen, Heilung zu finden.

Das wiederum bedarf der breiten Akzeptanz, der Einsicht in der Gesellschaft, dass wir alle die wesentliche Aufgabe haben, uns mit uns selbst, unserer Herkunft, unseren Defiziten auseinanderzusetzen, ohne Menschenkinder in irgendwelchen Schubladen abzustempeln. Der erste Schritt ist hinzuschauen.

Nur wenn sich die Grundsätze in der Gesellschaft ändern, wenn weniger Arbeit und finanzieller Reichtum die „Sicherheit“ für uns bedeuten, sondern viel mehr, wie nahe, wie ehrlich wir mit uns selbst und untereinander sind, der Maßstab wird, kann sich etwas in der Realität der Gesellschaft ändern.

Wie leben wir das?

Mit einer gewissen Bestimmtheit müssen wir uns unserem selbst stellen. Es ist unverzichtbar, unsere Lebenslügen aufzudecken. Es ist an uns, sich eigentlich gegen jede Lüge in uns selber zu stellen, egal wie weh die Wahrheit tut.

Das wird das Schmerzvollste sein, was uns bevorsteht, und es wird alles auch seine Zeit brauchen. Es ist durchaus verständlich und richtig, in bestimmten Situationen erst mal Abstand zu nehmen, nichts zu erzwingen. Solange die generelle Bereitschaft besteht, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Ich möchte eigentlich nicht moralisch werden, aber wir benötigen eine neue Haltung: Die innere Kraft zu suchen, sich jede Aussage genau anzusehen. Und Lügen dabei zu entlarven. Denn das stellt die Schwindler bloß, zeigt uns ihr wahres Gesicht, die uns Sand in die Augen streuen, die uns im Nebel tappen lassen und unsere Gehirne, unser Denken beeinflussen wollen. 

Wir dürfen einfach nicht mehr blauäugig Unwahrheiten einfach so hinnehmen. Wer meint, seine Ziele, egal wie ehrenhaft sie auch sein könnten, mit Lügen umzusetzen, macht schon im Fundament etwas Grundlegendes falsch. 

Wie aber kann man das erreichten? Lügen sind nicht selten undurchschaubar. Wir merken es oftmals erst, wenn es zu spät erscheint. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wie ein Sprichwort sagt.

Jedenfalls hilft es nicht, die Augen dauerhaft zu verschließen. Wir müssen uns anschauen, ob und was Menschen machen. Welche Ziele verfolgen sie? Was meinen sie wirklich?

Dazu müssen wir jeden an seinen Taten messen. Wir müssen ihn handeln lassen, ihn einbeziehen und miteinander reden, diskutieren. Ebendas wird so oft versäumt. Viel lieber als miteinander reden wir übereinander.

Wenn wir andere ausgrenzen, einfach verbieten, dann agieren selbige doch irgendwie im verborgenem. Bis ihre Kraft erstarkt. Und die Extreme revoltieren.

Sei es von Links. Sei es von Rechts. Wenn wir es dahingegen aber mehr schaffen würden, weniger mit Verboten, sondern viel mehr mit überzeugender Wahrheit, mit unserem Gegenüber zu kommunizieren, uns mit seinen Hintergründen und Motiven wirklich zu beschäftigen, dann würden wir viele Gefahren, einfach weil wir sie ernstnehmen und erkennen, schon im Keim ersticken. 

Das wiederum schaffen wir aber nur, wenn wir bei uns selber anfangen. Das ist die Krux und gleichzeitig die Chance.

In der Folge würden wir Menschen viel seltener Persönlichkeiten wie Trump, auch wie Gysi, auf dem Leim gehen.

Nicht immer werden wir in der Lage sein, die Unwahrheit zu erkennen. Geheimnisse sind ja genau deswegen geheim, weil sie sich verbergen. Und das ist durchaus auch nicht immer falsch, insbesondere weil es zu oft Menschen gibt, die jede Schwäche eines anderen für ihre Vorteile ausnutzen. 

Aber genau deswegen müssen wir unsere Wichtigkeiten komplett hinterfragen. Solange es nicht als verwerflich gilt, entsprechend Normen und Gesetze Verbrecher für ihre Unrechtstat wirklich zu bestrafen, und aufgedeckte Taten oder Lügen als strafbare Handlung und nicht als Kavaliersdelikt, einzuordnen, so kann sich die Gesellschaft kaum ändern.

Das wiederum kann sich aber nur fügen, wenn wir bei uns selber anfangen, jeder für sich, jeder bei sich und in seinem kleinen Kreis, seiner Familie, seinen Freundschaften.

Ehrlich währt am längsten. Und wenn ich aufhöre, meine Utopie zu träumen, hat der Pessimismus gesiegt.

Links: 

Der letzte SED-Vorsitzende im Bundestag: Alterspräsident Gysi  | Prof. Dr. Christian Rieck

US-Präsident Trump will amerikanische Geschichte per Dekret umschreiben


Erstellt am 30.03.2025, letzte Änderung am 31.03.2025 von Michael