Ich kann dich nicht ändern
Du bist, der du bist. Zum Beispiel: Bist du ein Mensch, der viel redet, so kann ich dich nicht dazu bringen, weniger zu sprechen. Indem ich dir den Mund verbiete. Auch wenn es mir zu viel ist, es noch nicht mal in Teilen, meiner Wahrheit entspricht, das, was du sagst, so kann ich mich nur abwenden. Dann trennen sich unsere Wege. Wenn ich aber deinen Gedanken gerne folge, dann kann ich dir zuhören.
Ich muss mich ändern. Ich muss dir zuhören, nicht du musst weniger reden. Damit, dass ich mich auf dich einlasse, erreiche ich dich. Nicht, in dem ich es genauso mache wie du. Auch nicht dadurch, dass ich dich im reden übertrumpfe. Oder indem ich deine Welt zu meiner mache, mich dabei verbiege. Sondern, in dem ich deine Welt kennenlerne, indem ich mich auf dich einlasse.
Jeder Mensch, jedes Lebewesen, ist einzigartig, hat seine ureigene Wahrheit, geformt von dem Leben, dem Denken und fühlen, den Beziehungen, der Kindheit, den Genen. Und jeder Mensch hat sein Recht auf diese Wahrheit. Auf diese, seine Wahrheit. Diese unterschiedlichen Realitäten berühren sich wie Seifenblasen, überschneiden sich, ergänzen sich, mal in der Unterschiedlichkeit, mal in der Ähnlichkeit.
Wenn ich dir zuhöre, dir meine Gedanken mitteile, so berühre ich dich nur damit. Insoweit, dass ich dir meine Art zu denken und leben nahe bringe. In diesem Spiegel, kannst du dich sehen. Kannst du nur du sein und dich aus dir heraus verändern. So bewirkt ein sich einlassen auf den anderen eine Möglichkeit des Veränderns. Viel mehr als ein Herausschreien der eigenen Wahrheit, um diese zu deiner Wahrheit werden zu lassen.
Natürlich gibt es Grenzen. Müssen auch Grenzen gesetzt werden. Dass leben der eigenen Wahrheit darf nie dazu führen, dass deine Wahrheit sich nicht entfalten kann. Oder du seelisch und körperlich in deiner Freiheit beeinträchtigt wirst. Deswegen braucht es Regeln. Meine Seifenblase darf deine Seifenblase nicht zum zerplatzen bringen.
Wenn ich deine Werte für unrichtig halte, so kann ich dir das nur zeigen, indem ich dir meine Werte zeige. Vorbild bin. Was dann daraus wird, was du daraus machst, das liegt alleine bei dir, deiner Erfahrung, vielleicht auch deinem Leidensdruck, deinem Willen und deinem dich selbst erkennen und akzeptieren können. Darauf habe ich keinen Einfluss. Und mehr noch, darauf will ich auch keinen Einfluss haben. Denn was für mich richtig ist, das muss ja nicht auch für dich richtig sein.
Erstellt am 06.02.2013, letzte Änderung am 26.03.2023 von Michael