Das Leben macht mehr Spaß, wenn du den Moment lebst

Katzen

„Das Leben macht mehr Spaß, wenn du den Moment lebst. :) Happy Snapping!“ Liest du in der Beschreibung von Snapchat z.B. im iTunes App Store von Apple. Damit wird bei der Zielgruppe „Junge Menschen“ des beliebten Foto-Messenger, der Eindruck vermittelt, dass das Leben mehr Spaß macht, wenn man jeden Augenblick aufnimmt und kommuniziert.

WhatsApp hat SMS den Rang abgelaufen. Und wurde 2014 für einen Milliardenbetrag von Facebook gekauft. In Facebook werden wir permanent animiert und erinnert, unseren Freunden unser Leben zu erzählen. Den ganzen Lebenslauf. Was wir gerade machen. Wo wir sind. Was mache ich wann wo mit wem. Sichtbar. Im Internet gepostet. Andere geben ihre Kommentare dazu ab. Bewerten. Unbedacht stellen wir Bilder ins Netz Jeder kann sie sehen. Kommentieren. Gut oder schlecht finden. Auf der ganzen Welt.

Sehen wir uns so noch selbst, oder nur noch durch die Augen anderer? Bleibt uns die Zeit, der Raum, unbeeinflusst zu sein? Wie abhängig wird unser Selbstwertgefühl von dieser Öffentlichkeit. Können wir noch anders? Oder werden wir süchtig? Können wir noch ohne Smartphone sein?

Die Volkszählung von 1987 in Deutschland. Ich erinnere mich noch gut daran, wie viele Menschen, die dagegen waren, die Abgabe von Daten boykottierten. Heute stellen wir alle diese und noch viel mehr Daten freiwillig in das Internet. Das Bewusstsein hat sich geändert, weil wir es nicht müssen, sondern uns vorgegaukelt wird, dass es Spaß macht.

Es geht um Geld

Große Konzerne verdienen mit unseren Daten sehr viel Geld. Wie können sie besser an potentielle Kunden kommen? An uns personalisierte Werbung, auf die spezielle Käuferschichten bezogen, verschicken. Anhand unserer Vorlieben ausgewählt.

Unsere Daten werden miteinander verknüpft. Hier mein Konto bei Amazon. Meine Bewertungen dort. Bei Google wird aufgezeichnet, was ich als Suchbegriffe eingebe. Vielleicht will ich es ja kaufen? So werden wir nach und nach zum gläsernen Menschen. Riesen Unternehmen handeln mit den Informationen über uns. Das ist ein Riesengeschäft. Diese Daten verselbstständigen sich, einmal im Netz sind sie kaum noch zurückzuholen. Ein bei Facebook gelöschtes Konto, kann noch Jahre später reaktiviert werden. Nichts ist weg. Das Internet vergisst nie.

Ein dir jetzt peinliches Foto aus deiner Jugend, landet auf dem Tisch der Personalabteilung, bei einer Bewerbung Jahre später. Gegoogelt vom Personalchef. Der Kredit für ein neues Auto wird dir verweigert, weil du in einem Bezirk gelebt hast, in dem einige Menschen mehr wohnen, die ihre Kreditwürdigkeit verloren haben. Eine Freundin von dir chattet, wo sie morgen mit dir hingeht. Und morgen taucht dort dein Ex auf, um dich zu stalken.

Das ist, denke ich, nur die Spitze des Eisberges, der Vorstellung, was mit unseren Daten passiert.

Ich nutze WhatsApp nicht mehr. Aber ich kaufe bei Amazon. Jedenfalls bin ich mir des Problems bewusst. Bin vorsichtig, was ich wo schreibe. Nutze lieber meine eigene Seite im Internet, wo ich Herr meiner Daten bin. Aber wie geht es der Zielgruppe Jugend? Lernt sie das Bewusstsein für die Gefahren? Kann sie es überhaupt begreifen, weil sie es ja nicht anders kennt? Was kommt morgen?


Erstellt am 06.06.2016, letzte Änderung am 13.02.2023 von Michael