Auf der Flucht – Mehr als alle 84 Millionen Deutsche
Dreizehn Millionen Menschen sind wegen dem Bürgerkrieg in Syrien seit 2011 auf der Flucht. UNICEF schätzt 2021 die Zahl aller Todesopfer auf etwa eine halbe Million. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) berichtete, im Jahr 2022 habe es durch den Krieg über 300.000 zivile Todesopfer in Syrien gegeben. (1) (2)
„Schon seit Jahren fliehen Menschen aus den Krisenregionen der Welt über das Mittelmeer nach Europa – mit verheerenden Auswirkungen. Jedes Jahr werden über 1.000 Menschen als vermisst oder verstorben registriert. 2022 starben oder verschwanden laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr als 1.940 Menschen. Die Zahl der Toten und Vermissten können jedoch nur geschätzt werden. Die genaue Zahl der Opfer wird für immer im Dunkeln bleiben.“ (3)
Das sind unvorstellbare Zahlen von Menschen auf der Flucht. Hinter jeder Zahl steht ein Mensch, eine Frau, ein Mann oder ein Kind. Diese Menschen sind keine Nummern. Es sind Menschen, die unter unvorstellbaren Leiden ihre Heimat verlassen müssen. Auf der Suche nach Freiheit werden sie nicht selten betrogen und ausgenutzt. Wenn sie es überhaupt schaffen.
Angriffskrieg gegen die Ukraine
Vor über einem Jahr, am 24. Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Krieg kostete seitdem tausenden Zivilisten ihr Leben. Bis Anfang April haben laut Schätzungen des UNHCR rund 31,7 Millionen Menschen in Folge des Krieges die Ukraine verlassen müssen. (4)
Flüchtlingsopfer wegen dem Zweiten Weltkrieg
Aber auch wir Deutschen waren im letzten Jahrhundert betroffen. Aus eigener Schuld, denn wer einen Krieg beginnt, muss die Folgen tragen. Etwa 12 bis 14 Millionen deutsche und deutschstämmige Angehörige verschiedener Staaten waren zwischen 1944/45 und 1950 von Flucht und Vertreibung betroffen. (5)
Damit höre ich auf zu recherchieren. Zusammen addiert ergeben sich mehr als 59 Millionen Flüchtlingsopfer nur durch diese drei Katastrophen. Ungezählt bleiben die Millionen Opfer und Flüchtlinge aus anderen Regionen der Welt.
Auf der Flucht – Mehr als alle 84 Millionen Deutsche
Deutschland hatte zum Jahresende 2022 nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes mindestens 84,3 Millionen EinwohnerInnen. Wild geschätzt, aber bestimmt nicht übertrieben, bedeutet das, dass es weltweit, alleine seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, weit mehr Flüchtlinge gibt, als Deutschland an Einwohner hat. Oder anders gesagt, viel mehr Menschen als jede Frau, jedes Kind, jeder Mann aus Deutschland sind auf der Flucht.
Aber wir Deutschen trauen uns doch tatsächlich, mit unserer Vergangenheit, Parolen wie „Ausländer raus“ an Wände zu krakeln (und diese Schmierereien sind noch eher harmlos, im Gegensatz zum Hass, der Gewalt …) Anstatt darüber nachzudenken, wie unzählig viele Menschen betroffen sind, von Vertreibung, aus politischen Gründen, wegen Armut oder Hungersnöte. Anstelle etwas zu ändern. Denn unser Kolonialismus in der Vergangenheit, unsere Ausbeutung und Zerstörung der natürlichen Ressourcen überall auf der Welt, unser Handel mit Kriegswaffen, das wir vom Aufbau nach der Zerstörung am meisten profitieren und noch so vieles mehr, sind unser trauriger Verdienst.
Wir Menschen, die Menschheit zerstört die Natur, die Erde. Wir alle müssen also auch die Folgen tragen. Und wir müssen Verantwortung übernehmen, für die Zukunft. Da können wir uns nicht aus der Affäre ziehen, zum Beispiel mit den Worten, dass wir in Deutschland an unsere Grenzen stoßen. Denn die Millionen Menschen auf der Flucht stoßen permanent an ihre Grenzen. Keiner flieht freiwillig aus Spaß. Und dafür tragen wir, im reichen Deutschland, in Europa, auf der Welt, die Verantwortung.
Es gibt nur eine Erde. Absolut nichts macht uns zu etwas Besseres als den Flüchtling aus Syrien, aus der Ukraine oder sonst woher. Nichts hebt uns über die Menschen aus Afrika, egal welcher Hautfarbe. Ob aus China, aus Israel oder Libanon, oder wo auch immer her, keine Bevölkerungsgruppe ist mehr Wert als eine andere. Keine Kultur, keine Religion ist besser als die andere. Auch wenn wir das Gegenteil glauben sollen, so ist es deswegen nicht richtig.
Wir Menschen allein bewerten alles aus unserer Sicht. Aber es ist immer eine absolut ungerechte und eigennützige Sichtweise. Wir Menschen hier, reich oder arm, gebildet oder lebenserfahren, gesund oder irgendwie beeinträchtigt, jung oder alt, Frau oder Mann, sind nicht mehr oder weniger wertvoll, als jeder andere Mensch. Das müssen wir begreifen, damit die Erde, die Natur, das Klima, die ökologische Vielfalt und auch wir Menschen überhaupt noch eine klitzekleine Chance haben.
Schon im erfolgreichen Roman „Die drei Musketiere“ des französischen Schriftstellers Alexandre Dumas, 1844 veröffentlicht, heißt es: Einer für alle, alle für einen. Dieser, seit 1830 inoffiziell gültige Schweizer Wahlspruch muss das Kredo jedes Menschen sein.
Nur damit stellen wir uns solidarisch gegen die Verbrecher, die mit ihren Kriegsspielen, ihrem Machtwahn und ihrer Zerstörung aus Geldgier, unser aller Leben bedrohen.
Ich kann es gut verstehen, dass Menschen sich verteidigen können müssen, wenn andere Menschen sie angreifen. Aber mit Waffen werden keine Probleme gelöst. Es werden nur neue Probleme geschaffen.
Wir müssen es anders machen. Wir müssen die Spirale der Gewalt verlassen. Endgültig. Wir müssen notfalls unser Leben geben, damit sich etwas ändern kann. Damit die Verbrecher und Mörder merken, dass sehr viele Menschen, zwar voller Angst, aber mit Mut und Entschlossenheit, für eine Zukunft, das Wohl aller und der Freiheit einstehen.
„Wer sagt: hier herrscht Freiheit, der lügt, denn Freiheit herrscht nicht.“
Erich Fried (1921 – 1988) war ein in Österreich geborener Dichter, Schriftsteller und Übersetzer.
Weiteres zum lesen…
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerkrieg_in_Syrien_seit_2011
(3) https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/mittelmeer
(5) https://de.m.wikipedia.org/wiki/Flucht_und_Vertreibung_Deutscher_aus_Mittel-_und_Osteuropa_1945-1950
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